Kommt die Whistleblowing-Prämie?
Ende Oktober hat die EU-Kommission einen Vorschlag zur Überarbeitung des Marktmissbrauchsregimes vorgelegt. Neben der Definition, was unter Insiderhandel und Marktmanipulation fällt, soll der Verordnungsentwurf auch die Prozeduren zu ihrer Bekämpfung EU-weit vereinheitlichen – konkret u. a. Ad-hoc-Publizität oder Directors’ Dealings. Weil die Verordnung in den Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar sein wird, stehen auch dem deutschen Wertpapierhandelsgesetz tiefgreifende Veränderungen bevor.
Unter anderem soll das „Whistleblowing“ gestärkt werden. Geht es nach der EU-Kommission, wird dieses bald ein ständiger Baustein der Ermittlungstätigkeit der Aufsichtsbehörden sein. „Whistleblowing bezeichnet die Möglichkeit, notfalls anonym auf mögliche Gesetzes- oder andere Rechtsverstöße eines Unternehmens hinzuweisen“, so Lars Teigelack, Kapitalmarktrechtler bei White & Case in Frankfurt. „In Deutschland sind Whistleblowing-Hotlines meist Teil der Compliance-Bemühungen eines Unternehmens, nicht jedoch auf Ebene gesetzlicher Vorschriften etabliert.“
Der EU-Verordnungsentwurf schreibt den Mitgliedstaaten nun vor, zumindest das Verfahren des Whistleblowings zu regeln und dem „Whistleblower“ angemessenen Schutz zukommen zu lassen. Außerdem sollen die Daten des Beschuldigten ausreichend geschützt und dessen Verteidigungsrechte gewahrt sein.
Während die Berücksichtigung der Belange beider Seiten überwiegend begrüßt wird, geht vielen Beobachtern ein Vorstoß zu weit: EU-Staaten sollen potenziellen Whistleblowern künftig finanzielle Anreize bieten dürfen. Ziel ist, dass den Aufsichtsbehörden mehr Verstöße gegen die Verordnung gemeldet werden. Um unkontrollierten Denunziationen vorzubeugen, sollen die Staaten aber nur solche Tipps belohnen, die den Behörden neu sind und am Ende des Verfahrens wirklich zu Sanktionen führen. „Dieses Korrektiv ist in der Tat erforderlich, weil schon die bloße Nachricht von BaFin-Ermittlungen für Unternehmen einen großen Reputationsschaden bedeuten kann“, so Teigelack. „Die Praxis zeigt, dass vermeintliche Tipps oft von enttäuschten Arbeitnehmern oder Partnern kommen. Insofern sind finanzielle Anreize grundsätzlich zwiespältig zu sehen, und es bleibt abzuwarten, ob der Passus die Konsultationen überstehen wird.“
Der Verordnungsentwurf ist momentan in Abstimmung mit dem EU-Parlament und soll erst nach einer Übergangsfrist von mindestens zwei Jahren gelten.
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