Rohstoffe

Wie Öl-Krisen die USA treffen

Erneut steht der Ölpreis vor einer Rally – ausgelöst durch die Eskalation im Nahostkonflikt. Historisch betrachtet reagierte der US-Markt aber nicht immer gleich. Ob es letztlich in einer Stagnation oder Rezession endet, liegt vor allem an zwei Aspekten.

Dominik Görg,
Krieg im Iran wirbelt Märkte durcheinander.
Krieg im Iran wirbelt Märkte durcheinander. © AdobeStock:

Der Angriff Israels auf den Iran hat den Ölmarkt binnen weniger Tage aufgewühlt: Seit der Eskalation am Freitag (13.6.) ist der Brent-Spotpreis um fast zehn Prozent gestiegen – der stärkste kurzfristige Anstieg seit drei Jahren.
Hintergrund ist die Befürchtung, die Straße von Hormus könnte zeitweise blockiert werden.

Über diese Handelsstraße wird fast ein Drittel des weltweit per See transportierten Öls und ein Fünftel des globalen Flüssigerdgases transportiert. Rund 70% dieser Mengen sind für asiatische Abnehmer wie China, Indien und Japan bestimmt; nur etwa ein Viertel ließe sich über die Ost‑West-Pipeline Saudi-Arabiens zum Roten Meer oder die Abu Dhabi Crude Oil Pipeline nach Fujairah umleiten. Sollten die Hauptreserven der OPEC im Persischen Golf unzugänglich werden, dürfte das Angebot signifikant einbrechen.

Im Schnitt: Erholung in drei Wochen

Historisch gesehen haben geopolitische Krisen den Ölpreis häufig stark ansteigen lassen – wobei der Markt sehr unterschiedlich reagierte. 1973/74 führte das Öl-Embargo infolge des Jom-Kippur-Kriegs zu einem Bärenmarkt und einer Rezession, da die Preissteigerung über mehrere Monate anhielt. 1990 sprang der Ölpreis nach der irakischen Invasion Kuwaits nur kurzfristig in die Höhe – die folgende Rezession in den USA war vergleichsweise kurz.

2022 dagegen beschleunigte Russlands Invasion in der Ukraine den Anstieg so stark, dass die US-Wirtschaft zwei Quartale schrumpfte. Im Schnitt büßte der S&P 500 in den drei Wochen nach einem Schock sechs Prozent ein und erholte sich binnen drei Wochen. Im Yom-Kippur-Krieg dauerte die Erholung mit 1.475 Handelstagen am längsten, zeigt eine Auswertung von Deutsche Bank Research.

Entscheidend für die US-Märkte war stets Dauer und Intensität der Teuerung. Ein einmaliger Preisschock hat selten langfristige Folgen. Führt er jedoch zu physischen Angebotsengpässen und anhaltender Unsicherheit, steigt das Risiko einer Rezession spürbar.

Im aktuellen Konflikt deutet die Struktur am Terminmarkt nicht auf wilde Spekulationen hin: WTI-Futures notieren ab Oktober unter 70 US-Dollar – ein typisches Zeichen für Backwardation und ein Hinweis auf eher kurzfristige Versorgungsengpässe. Für Anleger bleiben daher Dauer und Ausmaß des Konfliktes entscheidend.

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