Ausblick auf den europäischen High Yield-Markt

In Zeiten der Finanzkrise suchen immer mehr Unternehmen nach Alternativen zum klassischen Bankkredit. Dies speziell vor dem Hintergrund der in den nächsten zwei bis drei Jahren auslaufenden Finanzierungen, für die eine mittel- bis längerfristige Refinanzierung gesucht wird. Der Trend im High Yield-Markt geht dabei zu Senior Secured-Bonds. Damit diese Entwicklung Bestand haben kann, werden Rahmenbedingungen benötigt, die das Verhältnis von Anleihegläubigern und Bankgläubigern klar regeln. Leïla M. Röder, Local-Partnerin im Münchener Büro der Anwaltssozietät White & Case, gibt einen Ausblick auf den europäischen High Yield-Markt im Jahr 2010.

Insbesondere am Kapitalmarkt hat sich im Jahr 2009 einiges getan. Wegweisend im Bereich der High Yield-Bonds war dabei der DAX-Konzern Fresenius mit seiner Emission zu Beginn des Jahres, der ersten im europäischen Markt seit Sommer 2007. Zahlreiche Unternehmen folgten diesem Beispiel, so auch HeidelbergCement mit einer eher hybriden Form der Anleihe, die neben High Yield-Elementen auch Elemente einer Investment Grade-Finanzierung enthielt.

Eine neue Struktur

Ein neuer Trend im europäischen Markt ist die Begebung so genannter Senior Secured-Bonds. Dabei werden zwei wesentliche Elemente der bisher im europäischen High Yield-Markt typischen Transaktionsstruktur geändert: Zum einen wird der Bond vom Kreditnehmer der Bankenfinanzierung ausgereicht. Hierdurch wird der bisher in Europa übliche strukturelle Nachrang gegenüber der Bankenfinanzierung beseitigt, der sich daraus ergab, dass der Bond von einer Holdinggesellschaft des Kreditnehmers ausgegeben wurde. Zum anderen wird die Besicherung der Bonds auf das komplette Sicherheitenpaket ausgedehnt. Im Falle der Verwertung und/oder Insolvenz des Kreditnehmers/Emittenten erhalten die Anleihegläubiger so gleichrangig mit den Bankgläubigern eine bevorzugte Befriedigung aus den besicherten Vermögensgegenständen.

Die neue Entwicklung hin zu Senior Secured-Bonds hat einige Vorteile: So schlägt sich die neue Struktur insbesondere in den Preiskonditionen nieder und kann gegenüber einem unbesicherten Bond einen Abschlag von etwa 50 bis 75 Basispunkten ausmachen. Darüber hinaus führt sie zu einem besseren Rating des Bonds von ein bis zwei Unterstufen (notches), was wiederum die Ausplatzierung erleichtert.

Verhältnis von Anleihe- zu Bankgläubigern

Die Ausgabe eines Senior Secured-Bonds erfordert auf Grund der neuen Pari-Passu-Struktur die Zustimmung der Bankgläubiger, die einer solchen Struktur im europäischen Markt bisher kritisch gegenüberstanden. Vor dem Hintergrund der derzeitigen wirtschaftlichen Lage erkennen die Banken indes den Vorteil der Diversifizierung der Finanzierung und der Verlängerung des Verschuldungsprofils ihrer Kreditnehmer. Auch ist der Umstand, dass der Bond zu einem großen Teil der Refinanzierung von Bankverbindlichkeiten at par (d. h. zum Nominalwert) dient, im heutigen Markt für die Banken so wesentlich, dass die Einbeziehung der Anleihegläubiger in das Sicherheitenpaket in den Hintergrund rückt. Die Hauptschwierigkeit der neuen Struktur liegt im Verhältnis zwischen Bankgläubigern und Anleihegläubigern im Verwertungsfall. Es stellt sich insbesondere die Frage, welche Gläubigergruppe die Sicherheitenverwertung einleitet und steuert.

In den USA hat sich hierbei ein Trend entwickelt, der eine Stillhaltefrist von oftmals 90 Tagen für die Anleihegläubiger vorsieht, während derer sie keine Sicherheiten verwerten, Maßnahmen wie Fälligstellung oder Vollstreckung in unbesicherte Vermögenswerte aber weiterhin ergreifen dürfen. Haben die Bankgläubiger vor Ablauf der Stillhaltefrist eine Verwertung eingeleitet, so kontrollieren sie in der Folge den Verwertungsprozess. Anderenfalls haben die Anleihegläubiger das Recht, eigenständig Verwertungsmaßnahmen zu ergreifen.

Europa mit anderer Stoßrichtung als die USA

Eine Übertragung des US-Konzepts auf Europa erweist sich auf Grund der Unterschiede der Insolvenzordnungen als schwierig. Die jüngsten Beispiele im europäischen Markt gehen daher in eine andere Richtung: Häufig werden Regelungen getroffen, die zu einer faktischen Kontrolle der Sicherheitenverwertung durch die Bankgläubiger führen. So mag grundsätzlich vereinbart sein, dass die Sicherheitenverwertung auf Anweisung und nach Maßgabe der Gläubigermehrheit erfolgt. Dieses Prinzip wird indes aufgeweicht, indem z. B. der Bond betraglich so begrenzt wird, dass die Banken bis zu einem Zeitpunkt, an dem ihre Forderungen substantiell zurückgeführt wurden, faktisch die Kontrolle über die Verwertung ausüben.

Ein aktuelles Beispiel ist Virgin Media. Hier wurde die Verwertung des Sicherheitenpakets zunächst unter die Kontrolle der Bankgläubiger gestellt. Erst wenn die Kreditzusagen der Banken für einen Zeitraum von 60 Tagen unter einen vereinbarten Minimumbetrag fallen und weniger als 60% der unter dem Sicherheitenpaket besicherten Forderungen ausmachen, geht die Kontrolle auf die Gläubigermehrheit über. Da Virgin Media darüber hinaus verpflichtet wurde, dafür Sorge zu tragen, dass diese Grenzwerte nicht unterschritten werden, steht den Banken – sobald sie (nach Ablauf der 60-Tage Frist) die Kontrolle über den Verwertungsprozess verlieren würden – im Ergebnis ein Kündigungsrecht zu. Die hohe Anzahl von potenziellen High Yield-Bonds, die derzeit im Markt sind, verspricht in dieser Hinsicht ein spannendes Jahr 2010.

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