Unternehmenskauf – Mehr als nur ein Handschlag

"Nach der großen Flaute im Zuge der Finanzkrise erholt sich der M&A-Markt spürbar. Der Mittelstand nimmt die bislang aufgeschobenen Nachfolgeregelungen in Angriff. Große Konzerne verfügen über eine hohe Liquidität und suchen geeignete Kaufkandidaten. Alles in allem ein gutes Umfeld für den Unternehmenskauf. Bei diesem gelten zwar im Prinzip die gleichen Regeln wie auf einem Basar. Mit einem einfachen Handschlag ist es allerdings längst nicht getan – denn das Regelwerk ist mehr als komplex. Welche rechtlichen Entwicklungen es im Auge zu behalten gilt, erläutert Christofer Rudolf Mellert von der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft."

Welche gesetzlichen Regelungen beim Unternehmenskauf zum Tragen kommen, richtet sich nach der Art des Kaufobjekts, nach der Zielsetzung des Verkaufs und nicht zuletzt natürlich auch nach der Größe des zum Verkauf stehenden Unternehmens: Bei einer GmbH ist beispielweise eine notarielle Beurkundung des Kaufvertrages Pflicht. Wer sich auf diesem Fachgebiet auskennt, kann dem Käufer gutes Geld sparen. So haben Rechtsexperten in der Vergangenheit oftmals die Einschaltung eines Schweizer Notars empfohlen. Dessen Beurkundung wurde in Deutschland anerkannt, ist aber bei einem hohen Transaktionsvolumen deutlich preiswerter als bei seinem deutschen Kollegen. Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts (MoMiG) im Jahr 2008 gab es vermehrt Zweifel an der Zulässigkeit dieser Praxis. Das OLG Düsseldorf entschied trotzdem jüngst, dass eine GmbH-Anteilsveräußerung nach wie vor auch vor bestimmten Schweizer Notaren durchgeführt werden kann (Az.: I-3 Wx 236/10 v. 2.3.11). Ohne eine endgültige Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) bleibt jedoch bei der Auslandsbeurkundung nach wie vor ein gewisses Risiko der Unwirksamkeit bestehen.

Kartellrechtliche Vergehen sind übertragbar

Bei allen Unternehmen, vor allem aber bei börsennotierten Konzernen, gilt es, kartellrechtliche Verstöße zu vermeiden. Zum einen sind die gesetzlichen Vorgaben der Anmeldung von Fusionen und Übernahmen zum Bundeskartellamt und anderer Behörden sorgfältig zu befolgen. Zum anderen ist es wichtig, Risiken aus Kartellverstößen des erworbenen Unternehmens zu minimieren. Dies gilt insbesondere für die Frage, inwieweit ein Käufer für Kartellverstöße aus der Vergangenheit mithaftet bzw. umgekehrt, ob der Verkäufer auch noch nach Veräußerung mitverantwortlich ist. Das ist gerade für Konzerne relevant, bei denen die Muttergesellschaft für die Tochter in der Regel einstehen muss. Ein nicht unbedeutendes Risiko, kann doch ein Bußgeld bis zu 10% des letzten Konzernjahresumsatzes betragen. Das Europäische Gericht hat jüngst entschieden, dass der Verkäufer durchaus noch nach der Veräußerung für frühere verbotene Preisabsprachen haftbar gemacht werden kann (T-117/07 und T-121/07 v. 3.3.11). Auf der anderen Seite haftet auch der Käufer grundsätzlich für Altverstöße mit: Allerdings hat die EU-Kommission in solch einem Fall das Bußgeld kürzlich herabgesetzt. Auf Grund der teils unscharfen Rechtslage empfiehlt es sich für den Käufer, vom Verkäufer Garantien oder eine Freistellung für Altfälle zu verlangen. Auch das Thema Haftung spielt bei Unternehmenskäufen eine immer wichtigere Rolle. Denn in Folge der Finanzkrise sind die Ansprüche an die Verantwortlichkeit der Gesellschafter spürbar gestiegen. So drohen etwa noch Jahre nach einer Verletzung von Formalien beträchtliche Schadensersatzforderungen, wie folgendes Beispiel zeigt: In der Praxis ist es mitunter üblich, bei Unternehmenskäufen schon gegründete, nicht geschäftstätige Vorratsgesellschaften (oder Mantelgesellschaften, die ihre frühere Geschäftstätigkeit eingestellt haben) als Akquisitionsvehikel zu nutzen. Der BGH spricht allerdings bei der erstmaligen oder erneuten Aufnahme des Geschäftsbetriebs von einer wirtschaftlichen Neugründung und verlangt deren Offenlegung sowie die Wiederholung von Gründungsformalitäten. Geschieht dies nicht, haften die Gesellschafter noch Jahre danach unbeschränkt, etwa auf Ausgleich einer später entstehenden Unterbilanz. Dem BGH liegt derzeit eine Entscheidung des Kammergerichts Berlin (Az.: 23 U 24/09 v. 7.12.09) zur Revision vor. Darin geht es um die Frage, ob Gesellschafter für eine spätere Unterbilanz haften, auch wenn sie nachweisen können, dass zum Zeitpunkt der wirtschaftlichen Neugründung keine Unterbilanz bestand.

Strafrechtliche Konsequenzen häufig unterschätzt

Auch auf strafrechtlicher Seite werden Geschäftsführer zunehmend persönlich in die Verantwortung genommen – ein oft unterschätztes Risiko. So kommt es beispielsweise im Rahmen von Akquisitionsfinanzierungen häufig vor, dass Tochtergesellschaften Sicherheiten zu Gunsten anderer Konzerngesellschaften an Banken bestellen. Das Landgericht Kleve hat kürzlich klargestellt, dass sich der Geschäftsführer einer GmbH wegen Untreue strafbar macht, wenn er diese Sicherheiten aus dem Vermögen der GmbH an Dritte leistet, ohne die Zustimmung der Gesellschafterversammlung eingeholt zu haben – auch wenn er davon ausgehen kann, dass er ihre Zustimmung erhalten hätte (Az.: 120 Qs 79/10 vom 21.10.10). Es geht also beim Unternehmenskauf um wesentlich mehr, als nur um die bloße Gestaltung eines Kaufvertrages. Eine gründliche Vorbereitung des Kaufs wie auch die Berücksichtigung langfristiger Folgen sollten gleichfalls vertraglich festgezurrt werden. Denn niemand will nach dem Kauf eines Unternehmens für fremde Fehler geradestehen müssen.

{{ name }} Chart
{{ name }} Aktie auf wallstreet:online

ARTIKEL DIESER AUSGABE

10. Juni 2011

Gleiss Lutz berät bei Adler-IPO

"Gleiss Lutz berät beim Börsengang des Textilunternehmens Adler Modemärkte den Global Coordinator und Bookrunner Crédit Agricole CIB." mehr