Anleihen

Doppeltes Anleihegift für Aktien aus Washington und Tokio

Aus Tokio bläst der Wall Street ein kalter Wind entgegen: Nicht nur in den USA, auch in Japan steigen die Renditen der Staatsanleihen. Daraus könnte ein doppelter Tiefschlag für US-Aktien werden.

Klaus Brune,
USA und Japan und deren Einfluss auf den weltweiten Aktienmarkt
USA und Japan und deren Einfluss auf den weltweiten Aktienmarkt © Platow: Leon Grüttner (KI generiert)

Während US-Präsident Donald Trump Ende letzter Woche die denkbar knappe Verabschiedung seines Haushaltsgesetzes im Repräsentantenhaus feierte, katapultierten die drohenden neuen US-Staatsschulden die Rendite für zehnjährige US-Treasuries auf über 4,6%. In Tokio kletterte derweil die Rendite für zehnjährige japanische Staatsanleihen auf 1,59% – den höchsten Stand seit Juni 2009.

Ein Renditeanstieg im Gleichschritt, der Aktien teuer zu stehen kommen kann. Denn die im S&P 500 gehandelten Papiere werden laut FactSet aktuell mit dem 21,1-Fachen des in zwölf Monaten erwarteten Gewinns gehandelt. Implizit – als Kehrwert – entspricht das einer Anlegererwartung von 4,7% Rendite – nur noch einen Hauch oberhalb jener 4,6%, die die trotz Moody’s-Abstufung immer noch nahezu risikofreien US-Staatsanleihen liefern.

Dabei müssten Aktien eigentlich eine ordentliche Risikoprämie bieten: Denn anders als Staatsanleihen versprechen sie keine feste Ausschüttung, schwanken stark im Kurs und können wertlos verfallen.

Tickende Zeitbombe

Bleiben die Anleiherenditen hoch, übt das Druck auf Aktien aus. Der könnte sogar noch steigen, und da kommt Tokio ins Spiel. Seit Jahren leihen sich Investoren in Japan Geld zu nahezu 0% Zinsen, wandeln es in US-Dollar um und investieren in US-Aktien (Yen Carry Trade). Niemand weiß genau, wie viele dieser Geschäfte im vergangenen August aufgelöst wurden, als Japans Notenbank die Zinsen überraschend stark anhob.

Doch laut Société-Générale-Stratege Albert Edwards verstärken sich die Auflösungen aktuell, weil die höheren japanischen Zinsen zusammen mit den notwendigen Währungsabsicherungskosten den Gewinn aus dem Carry Trade aufbrauchen.

Parallel treibt die US-Regierung die Neuverschuldung voran: Der eingangs erwähnte „Big Beautiful Bill“ dürfte die Staatschulden in den kommenden zehn Jahren um rund 3,1 Billionen US-Dollar erhöhen. Strafzölle auf Importe könnten – je nach Schätzung – zwischen 1,5 und 2,5 Billionen US-Dollar zuschießen, reichen aber nicht, um die steigenden Defizite zu decken.

Die tickende Zeitbombe US-Staatsschulden wird die Renditen daher hoch halten. Auf eine Rettung durch Carry-Trader sollten die Aktienmärkte besser nicht setzen.

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