Bewertungen auf Rekordniveau – Was das für künftige Renditen heißt
Das Shiller-KGV notiert auf einem Niveau, das in der Geschichte der US-Märkte nur selten erreicht, geschweige denn dauerhaft gehalten wurde. Sind die Märkte diesmal anders? Wir blicken auf Bewertungsextreme, KI-Hoffnungen und die Zinsrealität und fragen, wie wohl eine Investorenlegende all dies einordnen würde.

Die US-Leitindizes S&P 500 und Nasdaq kennen seit geraumer Zeit nur eine Richtung: nach oben. Eine erfreuliche US-Berichtssaison und die sich abzeichnende Einigung im US-Haushaltsstreit gaben den Märkten zum Wochenauftakt zusätzlichen Auftrieb. Entsprechend haben sich die Bewertungen auf neue Höhen geschoben.
Eine häufig genutzte Kennzahl zur Bewertung einer Aktie oder eines Marktes ist das Shiller-KGV. Der US-Ökonom Robert J. Shiller entwickelte es Ende der 1980er-Jahre, um den S&P 500 ins Verhältnis zu den inflationsbereinigten Durchschnittsgewinnen der vergangenen zehn Jahre zu setzen. Auf diese Weise werden konjunkturelle Ausschläge geglättet und es entsteht ein langfristig aussagekräftiger Bewertungsmaßstab.
Aktuell liegt das Shiller-KGV bei 40 – ein Niveau, das zuletzt kurz vor dem Platzen der Dotcom-Blase zur Jahrtausendwende erreicht wurde. Seit 1881 liegt der Durchschnitt bei knapp 18. Für eine moderne, technologiegeprägte Wirtschaft halten wir den Zeitraum seit 1990 für aussagekräftiger: Hier beträgt der Mittelwert 27, womit der US-Aktienmarkt heute immerhin noch rund 50% höher bewertet ist als im Schnitt der letzten 35 Jahre.

Nun weisen Softwareunternehmen und andere „Asset-light“-Modelle deutlich höhere Margen auf als die Eisenbahnen oder Stahlwerke früherer Zeiten. Der Anteil immaterieller Wertschöpfung ist gestiegen, Kapitalbedarf und Kostenstrukturen haben sich grundlegend verändert. Trotzdem bleiben historische Parallelen lehrreich. Hohe Shiller-KGVs von über 35 führten in den Jahren 1929, 1966 und 2000 jedes Mal zu zehnjährigen Phasen negativer realer Renditen. Die Geschichte wiederholt sich nicht, doch sie liefert Warnsignale, die Anleger ernst nehmen sollten.
KI-Hoffnung und Zinsrealität
Optimisten setzen auf künstliche Intelligenz, deren Befürworter eine nächste, dem Internet vergleichbare Transformationswelle erwarten. Diesmal jedoch auf Basis erprobter Geschäftsmodelle von Unternehmen, die hervorragende Margen und prall gefüllte Kassen aufweisen. Außergewöhnlich stark steigende Gewinne rufen jedoch neuen Wettbewerb auf den Plan (man denke an Deepseek), der die Margen wieder unter Druck setzt. Im KI-Sektor ist dieser Wettbewerb längst in vollem Gange, erkennbar an den gewaltigen Investitionen bis hin zu einem möglichen „race to the bottom“.
Wir kommen zudem aus einer Ära extrem niedriger Zinsen und Inflation. Die massive Staatsverschuldung, insbesondere in den USA, spricht eher für ein Umfeld steigender Zinsen und Preise.
Warren Buffetts Warnung
Niemand weiß, ob wir uns tatsächlich in einer Blase befinden und, falls ja, wann sie Luft lassen wird. Wer jedoch in Wahrscheinlichkeiten und erwarteten Renditen denkt, wird erkennen: Es ist äußerst fraglich, dass sich die hohen Renditen, die Anleger mit einem Investment in den US-Aktienmarkt in den vergangenen Jahren erzielen konnten, einfach fortschreiben lassen.
Wir erinnern uns gern an die mahnenden Worte von Warren Buffett, der 1999, nachdem der Aktienmarkt in 17 Jahren im Schnitt rund 19% pro Jahr gestiegen war, schrieb, dass sich solche außergewöhnlich hohen Renditen kaum nahtlos in die Zukunft fortschreiben lassen. Aus seiner Sicht wäre dies für einen Investor nur dann realistisch, wenn mindestens eine der folgenden Bedingungen eintritt: die Zinsen sinken weiter, der Anteil der Unternehmensgewinne am Bruttoinlandsprodukt steigt deutlich, oder der Anleger ist in der Lage, den Markt dauerhaft zu schlagen.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass die hohen Bewertungen noch eine Weile tragen. Doch wenn der Wendepunkt erreicht ist, dürfte er kaum als sanfter Übergang daherkommen.