Wie schnell Erwartungen sich drehen

Die Konjunkturerwartungen in Deutschland haben in dieser Woche einen Rückschlag erlitten. Noch vor wenigen Wochen herrschte hingegen Aufbruchsstimmung: Die Neuwahlen führten zu einem stabilen Bündnis aus CDU und SPD, das gemeinsam mit Grünen und FDP bereits vor Beginn der neuen Legislaturperiode eine Lockerung der Schuldenbremse und ein milliardenschweres Sondervermögen für Infrastrukturinvestitionen auf den Weg brachte.
Doch diese Woche brachte etliche Rückschläge. Am Dienstag (22.4.) senkte der Internationale Währungsfonds seine Wachstumsprognose für Deutschland – statt 0,3% Wachstum erwartet er 2025 eine Stagnation. Am Mittwoch fiel der Einkaufsmanagerindex für Industrie und Dienstleister auf ein Vier-Monats-Tief von 49,7 Punkten (März: 51,3) – und damit unter die Wachstumsschwelle von 50. Noch am selben Tag warnte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel vor einer möglichen Rezession angesichts drohender US-Zölle und einer insgesamt schwächelnden europäischen Wirtschaft. Der Ifo-Index lieferte am Donnerstag ein gemischtes Bild: Zwar stieg der Index im April leicht auf 86,9 Punkte (nach 86,7 im März), doch die Erholung speist sich allein aus einer besseren Beurteilung der aktuellen Lage (86,4 Punkte). Der wichtigere Teilindex der Erwartungen hingegen sank um 0,3 Punkte auf 87,4 – und liegt damit bereits 3,3 Punkte unter dem Stand zu Jahresbeginn.
Die deutsche Wirtschaft würde von den angedrohten US-Zöllen besonders stark getroffen. Entsprechend gespannt blicken wir auf die Einschätzungen der Management-Teams deutscher Unternehmen in der angelaufenen Berichtssaison zum 1. Quartal. In den USA begann diese schwach: Ein Drittel der Firmen überraschte negativ, v.a. aus dem Konsum- und Energiesektor.
Die positive Stimmung ist spürbarer Verunsicherung gewichen und die fehlende Visibilität im Handelskonflikt untergräbt die Planungssicherheit und verzögert Entscheidungen für Wachstumsinvestitionen, die Deutschland dringend benötigt. Optimistisch stimmt uns, dass deutsche Konzerne in der Vergangenheit oft bewiesen haben, wie anpassungsfähig sie auf neue Herausforderungen reagieren können.