Carl Zeiss Meditec – Margenrückgang ist nicht nur hausgemacht
Im ersten Teil unserer Serie stand der Führungswechsel im Fokus, jetzt blicken wir auf die Zahlen: Verbirgt sich hinter dem spürbaren Margenrückgang bei Carl Zeiss Meditec ein bröckelndes Geschäftsmodell, oder ist er die Folge strategischer Investitionen und externer Belastungen?

Das Geschäft von Carl Zeiss Meditec ruht auf zwei stabilen Säulen: dem wachstumsstarken Segment Ophthalmology (77% des 2-Mrd.-Euro-Umsatzes) und dem margenstarken Bereich Microsurgery (23%).
Der größere Bereich Augenheilkunde umfasst ein breites Portfolio – von innovativen Diagnosesystemen zur Vermessung von Netz- und Hornhaut über Operationsgeräte zur Zerkleinerung eingetrübter Linsen bis hin zu Premium-Intraokularlinsen und Einweg-OP-Kits. Der deutlich margenstärkere Bereich Microsurgery bietet hochpräzise Operationsmikroskope sowie digitale Visualisierungslösungen an.
In den vergangenen fünf Jahren wuchs Ophthalmology mit durchschnittlich 12,5% p.a. schneller als der Markt (geschätzt: 7%) und verteidigte damit Platz zwei hinter Alcon. Dennoch sank die EBIT-Marge von rund 17% zum Ende der Amtszeit von Ludwin Monz (2018/19) auf unter 10% im zuletzt abgeschlossenen Gj. unter CEO Markus Weber.
Neben strategisch sinnvollen Maßnahmen wie der Übernahme von DORC, einem niederländischen Spezialisten für ophthalmologische Verbrauchsmaterialien, und konstant hohen F&E-Ausgaben von etwa 17% des Umsatzes kam auch unglückliches Timing hinzu: Lagerbereinigungen in China und Verzögerungen bei der Markteinführung neuer Premium-Produkte belasteten das Geschäft spürbar.
Die EBIT-Marge im Segment Ophthalmology sank im Geschäftsjahr 2023/24 um 750 Basispunkte auf 6,3%. Dieser Rückgang ist jedoch weniger strukturellen Ursachen als externen Marktverwerfungen infolge der Corona-Pandemie zuzuschreiben. Bereits zum Ende des ersten Halbjahres erholte sich die operative Marge wieder auf 9,2%.
Margenanker Microsurgery unter Druck
Im kleineren, aber deutlich margenstärkeren Bereich Microsurgery behauptet Carl Zeiss Meditec seine Weltmarktführerschaft vor der Danaher-Tochter Leica Microsystems. Zum Angebot zählen hochpräzise Operationsmikroskope mit 3D-Videoaufzeichnung, robotergestützte Assistenzsysteme, Fluoreszenz-Imaging und Echtzeit-Bildgebung für neurochirurgische Eingriffe. Ergänzt wird das Portfolio durch sterile Einweg-Drapes, Kameramodule und Farbstoffe.
Mit einem durchschnittlichen Umsatzwachstum von 8,5% p.a. in den letzten fünf Jahren übertraf auch dieses Segment das Marktwachstum (geschätzt: 6–8%). Die EBIT-Marge geriet dennoch unter Druck: Im Geschäftsjahr 2023/24 sank sie um 550 Basispunkte auf 19,7% und ging im ersten Halbjahr infolge kurzfristiger Nachfrageschwächen und eines ungünstigen Produktmixes nochmals leicht zurück. Ein strukturelles Problem ist jedoch nicht erkennbar.
Demografie, höherer Wohlstand und die wachsende Komplexität medizinischer Eingriffe bilden den strukturellen Rückenwind für beide Sparten, die langfristig jährliche Wachstumsraten von 5 bis 7% erreichen können. Im milliardenschweren Markt für hochwertige Intraokularlinsen bei Grauer-Star-Operationen – einem Bereich, in dem sich die Jenaer gezielt positioniert haben – prognostiziert der Marktforscher Market Scope bis 2029 ein jährliches Stückzahlwachstum von 8%.
Die Unsicherheiten rund um den Managementwechsel und die Dauer des Margenrückgangs haben die Bewertung der MDAX-Aktie (60,55 Euro; DE0005313704) deutlich unter ihren historischen Durchschnitt gedrückt.
Im dritten und abschließenden Teil unserer Serie gehen wir daher der Frage nach, ob dieser Bewertungsabschlag gerechtfertigt ist.
Bisher in dieser Serie erschienen:
Teil 1: Carl Zeiss Meditec – Es ruckelt auf der Führungsebene
Teil 2: Carl Zeiss Meditec – Margenrückgang ist nicht nur hausgemacht
Teil 3: Carl Zeiss Meditec – Günstig bewertet; Foerst muss es jetzt richten