Streit um US-Zölle – EU droht Vorbildrolle zu verlieren

Seit Bekanntwerden der hohen US-Zölle auf Stahl und Aluminium sind Wirtschaft und Politik in heller Aufregung. Europas Industrie fürchtet nicht nur um den Absatzmarkt USA, sondern auch im Heimatmarkt unter Druck zu geraten, wenn andere Länder ihren Stahl künftig in die EU umleiten (s.a. PLATOW v. 19.3.).

Entsprechend deutlich sind die Reaktionen aus Brüssel. Die US-Maßnahmen werden als rechtswidrig gebrandmarkt. Vergeltungszölle sind vorbereitet, sollte Amerika für europäische Hersteller keine Ausnahme machen. Verhandlungen hierüber laufen noch ohne Ergebnis. US-Präsident Donald Trump erklärte per Twitter, eine Ausnahme gebe es nur, wenn die EU Zölle auf US-Waren senke. Zugleich drohte er Zölle auf Autos an. Bleiben beide Seiten hart, stehen die Zeichen auf Handelskrieg.

„Die EU befindet sich in einer unbequemen Situation““, so Kai Neuhaus, Partner im Brüsseler Büro der Wirtschaftskanzlei CMS. „Seit Trumps Protektionismus offen zu Tage tritt, sieht sie sich als Verteidigerin des geordneten Freihandels. Als Vorbild gelten kann aber nur, wer sich selbst einwandfrei verhält. Das wird der EU in diesem Streit schwerfallen.““ Zu Recht wird den USA vorgeworfen, die WTO-Regeln zu missbrauchen. Trumps Rechtfertigung, die Zölle seien für die nationale Sicherheit der USA unerlässlich, ist vorgeschoben. Die Zölle sind nicht unerlässlich, denn Trump bietet ja Ausnahmen davon an – wenn die EU Zölle für US-Waren senkt. „Im Grunde geht es also nicht um die nationale Sicherheit, sondern um einen Kuhhandel““, meint Außenhandelsrechtler Neuhaus.

WTO dürfte keine große Hilfe sein

Dennoch ist die Anrufung der WTO für die EU wahrscheinlich keine gute Option. Verliert sie den Fall, verschafft das Urteil anderen Staaten ein Alibi für Protektionismus unter dem Deckmantel der nationalen Sicherheit. Gewinnt sie, bringt die Entscheidung keinen Rechtsfrieden. Die USA werden sich von der WTO nicht vorschreiben lassen, wie sie ihre nationale Sicherheit gewährleisten. Vielmehr würden sie die Entscheidung ignorieren, vielleicht sogar die WTO ganz verlassen. Egal wie das Verfahren ausgeht: Die WTO würde erheblichen Schaden nehmen, die Gefahr weiterer Handelskriege steigen. „Verhängt die EU stattdessen Vergeltungszölle, begibt sie sich rechtlich auf dünnes Eis““ erläutert Neuhaus. „Solche Selbstjustiz ist nach WTO-Recht nämlich eigentlich verboten. Die EU gefährdet somit ihre Vorbildrolle und lädt andere Staaten dazu ein, die WTO-Regeln zu dehnen.““

Wohl auch deswegen wiegelt Deutschland derzeit ab, während andere EU-Staaten laut nach Vergeltung rufen. Droht also auch noch ein innereuropäischer Streit? Erfolgreiche Verhandlungen mit den USA scheinen da ein Ausweg zu sein – auch wenn mancher das als Gesichtsverlust der EU werten dürfte.

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