GroKo-Pläne zwingen Arbeitgeber zum Umdenken

Union und SPD haben sich für die Neuauflage der Großen Koalition fest vorgenommen, die Befristung von Arbeitsverträgen einzuschränken. Dazu sind teils harte Maßnahmen geplant, die vor allem Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten treffen. Bundesweit dürften in Betrieben gut eine halbe Million befristeter Verträge nicht mehr möglich sein, heißt es in Schätzungen. Unternehmer mit einem hohen Anteil befristeter Verträge sollten jetzt Alternativen prüfen oder müssen vielleicht auch ihr Geschäftsmodell anders gestalten, rät Christian Althaus von der Wirtschaftskanzlei Kümmerlein in Essen.

Der Öffentliche Dienst ist zwar Deutscher Meister bei befristeten Arbeitsverträgen – kein Sektor beschäftigt mehr Mitarbeiter mit Arbeitsverträgen, die ohne Angabe von Sachgründen zeitlich befristet sind. Das hat Union und SPD aber nicht davon abgehalten, der Wirtschaft deutliche Beschränkungen bei der Befristung anzukündigen. Laut Statistischem Bundesamt sind momentan etwa 8,5% der rd. 40 Mio. Arbeitnehmer befristet angestellt. Nahezu jeder zweite davon hat einen befristeten Vertrag ohne Angabe eines sachlichen Grundes.

Konkret plant die neue Große Koalition drei neue Höchstgrenzen. So dürfen Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten künftig nur noch maximal 2,5% der Belegschaft sachgrundlos befristen. Eine solche Befristung darf höchstens 18 Monate (aktuell: 24 Monate) dauern. Darin enthalten ist nur eine mögliche Verlängerung (aktuell: dreimalig). Eine Befristung ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber zuvor ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Sie ist auch dann nicht mehr möglich, wenn der Mitarbeiter schon mit befristeten Verträgen mit einer Gesamtdauer von fünf oder mehr Jahren beschäftigt war.

Die geplanten Regelungen nehmen einen guten Teil der Flexibilität, die Arbeitgeber seit dem Beschäftigungsförderungsgesetz von 1985 genießen, wieder zurück. Sie folgen aber auch der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, das bereits 2012 feststellte, dass Kettenbefristungen unter Umständen missbräuchlich und deshalb unwirksam sein können.

Übergangsfristen nutzen und Alternativen prüfen

Zwar wird es vor und bei der praktischen gesetzlichen Umsetzung noch Vorlaufzeiten und Übergangsfristen geben. Klar ist aber, dass Unternehmen, deren Geschäftsmodell zu einem großen Teil auf sachgrundloser Befristung beruht, umdenken müssen – bis hin zu einer Umgestaltung ihrer geschäftlichen Aktivitäten. In vielen Betrieben dürfte es auch möglich sein, Alternativen zur sachgrundlosen Befristung einzusetzen.

Der Koalitionsvertrag spricht von „Arbeitgebern““, die von der Höchstgrenze von 2,5% bei sachgrundloser Befristung betroffen sind. Wie diese Eigenschaft im Gesetz genau definiert werden wird, ist noch offen. Es besteht die Möglichkeit, dass Unternehmen durch geeignete Umstrukturierungen besonders betroffene Betriebsteile noch unter der Grenze von 75 Beschäftigten halten können. Auch ist unklar, ob bei der Schwelle von 75 Mitarbeitern auch die Auszubildenden mitzählen.

Eine weitere Option ist der verstärkte Einsatz von Befristungen mit Sachgrund. Drittens wäre zu prüfen, ob im Einzelfall Instrumente wie Überstunden, Jobrotation, Leiharbeit, freie Mitarbeiter oder Werkverträge die bisher durch Befristung erzielte Flexibilität im Personaleinsatz ersetzen oder ergänzen können.

Ähnlich sind die Alternativen bei Befristungsketten. Die Höchstgrenze von fünf Jahren, die ein Mitarbeiter bei einem „Arbeitgeber““ mit einer oder mehreren Befristungen beschäftigt werden darf, könnte sich je nach konkreter gesetzlicher Ausgestaltung durch eine Versetzung in einen anderen Betriebsteil verlängern lassen. Ansonsten bliebe dem Arbeitgeber nur die Möglichkeit, dem Mitarbeiter einen unbefristeten Arbeitsvertrag anzubieten oder von einer Weiterbeschäftigung im Unternehmen abzusehen.

Besser planen

Die Befristung bietet Unternehmen grundsätzlich die Chance, kurzfristig Personal einzustellen, um flexibel auf Markt- und Nachfrageveränderungen reagieren zu können. Die Pläne der Großen Koalition werden diese Option nicht nachhaltig beschränken. Nach wie vor wird es vor allem größeren Betrieben möglich sein, eine größenmäßig relevante flexible Personalreserve auf Dauer vorzuhalten oder nach Bedarf aufzubauen.

Geschäftsmodelle, die vor allem darauf aufbauen, dass Personal sachgrundlos befristet beschäftigt wird, dürften dagegen künftig keine Zukunft mehr haben. Für Unternehmen bedeuten die geplanten Regelungen vor allem, dass sie besser planen müssen, gegebenenfalls im laufenden Betrieb Alternativen nutzen und Neueinstellungen im Idealfall so mit Personalentwicklungsmaßnahmen verknüpfen, dass nach fünf Jahren einer Entfristung nichts mehr im Wege steht. In vielen Betrieben ist das ohnehin geübte Praxis: Schon heute erhalten fast drei Viertel der befristet Beschäftigten in ihrem Betrieb eine Anschlussbeschäftigung. Allerdings zeigen Studien auch: Je größer das Angebot am Arbeitsmarkt, desto häufiger stellen die Personalabteilungen in Unternehmen Mitarbeiter nur mit befristeten Arbeitsverträgen ein.

An den geplanten Einschränkungen muss sich auch der Öffentliche Dienst messen lassen. Der setzt vor allem im Bildungsbereich nachhaltig auf Befristungen. Er will sich diese Option auch weiterhin erhalten, während er sie den privaten Unternehmen künftig nur noch in Grenzen gewähren will.

 

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