Sammelklage auf der Zielgeraden

"Trotz Widerstand aus den Wirtschaftsverbänden könnte die geplante Verbrauchersammelklage in der kommenden Legislaturperiode Gesetz werden. Im öffentlichen Gespräch ist das Thema ohnehin. Das zeigen die Diskussion um die Verjährungsfrist für Volkswagen und die kürzlich vom Europäischen Gerichtshof abgelehnte Option einer europaweiten Sammelklage durch Facebook-Nutzer. „Schädlich wäre aber, wenn die deutsche Regelung, wie zur Zeit angedacht, nur halbherzig umgesetzt wird, statt effektiveren Vorbildern wie in Österreich oder in Frankreich zu folgen"", warnt Arndt Eversberg, Rechtsanwalt und Vorstand der Roland ProzessFinanz AG, die auch die Klage gegen Facebook finanziert hat."

Nach dem Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom Sommer 2017 hätte die Wirtschaft von einer Musterfeststellungsklage aktuell wenig zu befürchten. Die klageberechtigten Verbraucherverbände können mit dieser Klage nur die Klärung bestimmter Tatsachen erreichen, also die Feststellung der Rechtsansprüche der Verbraucher, die sich per Registrierung dieser Klage angeschlossen haben. Der wichtige zweite Schritt, nämlich die Durchsetzung dieser Ansprüche, soll nach wie vor individuell von jedem einzelnen geschädigten Verbraucher erfolgen.

Verbraucherverbände warnen vor zu hohen Hürden

Nicht nur bei den Verbraucherverbänden stößt diese Begrenzung auf Kritik, gerade im Hinblick auf potenzielle Anwendungsfälle der Vergangenheit. Gegen das rechtswidrige Verhalten einzelner Unternehmen etwa bei Versorgungsverträgen über Strom, Gas, Telekommunikation und Finanzdienstleistungen sollen Geschädigte zunächst nach Vorstellung der Verbände mit Sammelklagen vorgehen. In einem zweiten Schritt sollten sie dann als Streitgenossen ihre Ansprüche durchsetzen können. Dafür fordern die Verbraucherverbände, dass die Streitgenossenschaft nicht ohne Zustimmung der Betroffenen aufgetrennt werden darf. Zudem soll der Streitwert gedeckelt werden. Ausdrücklich warnen die Verbraucherverbände davor, dass ihre Klageberechtigung praktisch wenig wert ist, wenn sie Sammelklagen nicht finanzieren können. Dazu verweisen sie auf das Vorbild Österreich. Hier erhält der klageberechtigte Verband einen festen Anteil aus den rechtskräftig vereinnahmten Kartellbußgeldern. Daneben setzt dieser Verband bei Klagen aber auch häufig Mittel eines Prozessfinanzierers ein. Das ist nur deshalb möglich, weil der Verband in seiner Sammelklage nicht nur die Rechtsansprüche feststellen kann, sondern auch den zweiten Schritt, also die Durchsetzung dieser Ansprüche, für die Verbraucher übernehmen darf. Dazu treten die Geschädigten ihre Ansprüche dem Verband zum Inkasso ab. Der Verband klagt diese als neuer Gläubiger der Forderung gebündelt ein. „Sofern die Verbraucherverbände auch in Deutschland eine tragende Rolle bei der gerichtlichen Durchsetzung spielen sollen, muss der Staat sie auch mit ausreichenden organisatorischen Mitteln ausstatten““, so Eversberg. „Sonst bleibt die Musterfeststellungsklage ein stumpfes Schwert““.

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