Kurzfristige Investition, langfristiger Schaden

Abgesehen von einigen prominenten Fällen waren aktivistische Investoren in der Vergangenheit eher zurückhaltend, deutsche Gesellschaften in den Fokus zu nehmen. Dies hat sich grundlegend geändert und trifft Unternehmen trotzdem teilweise noch immer unvorbereitet, insbesondere wenn kurzfristige Strategien im Mittelpunkt stehen. Wie sich Unternehmen gegen diese Form des so genannten Investor Activism wappnen können, erläutern Tobias Nikoleyczik und Bernd Graßl, Partner der Kanzlei GLNS.

Das Auftreten aktivistischer Investoren bei börsennotierten Gesellschaften hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. So haben etwa die aktivistischen Investments von Cevian an Bilfinger und ThyssenKrupp für großes Aufsehen gesorgt, daneben die aktive Rolle von Elliott bei den öffentlichen Übernahmen von Kabel Deutschland und Celesio, nicht zuletzt auch die Beteiligung von Knight Vinke an E.ON und von The Children’s Investment Fund (TCI) an VW. Seit Anfang Mai 2016 tobte ein Kampf um Stada und zuletzt machte das Investment von Third Point in Nestlé Schlagzeilen.

Realisierung von Kursgewinnen im Fokus
Neben der herkömmlichen Ausübung von Aktionärsrechten und flankierenden Maßnahmen („Shareholder Activism“, s. a. PLATOW Recht v. 26.7.17) haben im vergangenen Jahr die in ihrem Ausmaß bisher einzigartigen Leerverkaufsattacken auf Ströer, Wirecard und Aurelius einen neuen Blickwinkel auf die möglichen Zielsetzungen aktivistischer Investoren eröffnet: die ausschließlich kurzfristige Realisierung von Kursgewinnen. In diesen Fällen bauten die Angreifer zunächst erhebliche Short-Positionen im Hinblick auf das Zielunternehmen auf. Sodann veröffentlichten sie jeweils kritische Analysen über die Zielgesellschaft, in denen sie u. a. massive Zweifel am Geschäftsmodell, an der Richtigkeit der Finanzkennzahlen und insbesondere an der Integrität des Managements äußerten. In der Folge kam es zu teilweise dramatischen Kursstürzen, die die Investoren wiederum zur Erzielung entsprechender Kursgewinne genutzt haben, in dem sie die zuvor begründeten Short-Positionen kurzfristig glattstellten („Trash and Cash“).

Anders als in den bisher bekannten Fällen des „Shareholder Activism“ verfolgt der aktivistische Investor hier keine weiteren Ziele im Hinblick auf das Zielunternehmen. Es geht ihm nicht darum, sich an der Zielgesellschaft zu beteiligen und seine Aktionärsrechte auszuüben, dadurch Druck auf das Management aufzubauen und nach der Beseitigung von Problemen an einer entsprechenden Kurssteigerung zu partizipieren. Vielmehr liegt das Ziel in einer negativen Kursentwicklung durch das Hervorheben von Problemen, mit der Folge, dass die eingegangenen Short-Positionen im Geld sind.

Gesetzliche Hürden variieren von Fall zu Fall
Entsprechend verschiebt sich die Gewichtung des Regelungsregimes: Erwirbt ein aktivistischer Aktionär Anteile an der Zielgesellschaft, um von seinen Aktionärsrechten Gebrauch zu machen, sind zum einen die wesentlichen gesellschaftsrechtlichen, insbesondere aktienrechtlichen Schranken zu beachten, etwa das Schädigungsverbot, die Treuepflicht und die Schranke des Rechtsmissbrauchs. Zum anderen sind die kapitalmarktrechtlichen Regelungen über die Beteiligungstransparenz zu beachten; hiernach besteht insbesondere eine Offenlegungspflicht bei einer Stimmrechtsbeteiligung ab 3%.

Handelt es sich um einen reinen Leerverkaufsfall, stellt sich in erster Linie die Frage nach einem Verstoß gegen das Verbot der Marktmanipulation und die Insiderverbote nach der Marktmissbrauchsverordnung (MMVO). Ob ein Verstoß vorliegt, ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen. Ein Fall der Marktmanipulation liegt etwa vor, wenn die Analyse falsche oder irreführende Informationen enthält, die eine evident sachliche Ungleichgewichtung der mitgeteilten Sachumstände enthalten und beim Empfänger eine falsche Vorstellung hervorrufen. Hingegen wird eine unzulässige Manipulationshandlung regelmäßig nicht vorliegen, wenn sich die Analyse auf bloße Tatsachenbehauptungen beschränkt und der sich aus den Short-Positionen ergebende Interessenkonflikt „ordnungsgemäß und wirksam“ offengelegt wird.

Aktiv gegen Kampagnen vorgehen
Ein börsennotiertes Unternehmen sollte auf eine aktivistische Attacke gut vorbereitet sein. Regelmäßig entwickelt eine einmal losgetretene Kampagne eine deutliche Eigendynamik, sodass bloße Reaktivmaßnahmen oftmals zu spät kommen. Ein wesentlicher Baustein der Prävention gegen aktivistische Investoren ist insbesondere eine regelmäßige aktive und transparente öffentliche Kommunikation. Auch sollten kritische Äußerungen am Kapitalmarkt stets sehr ernstgenommen werden, um Angriffspunkten frühzeitig entgegenzuwirken.

Hat eine Leerverkaufsattacke einmal begonnen, so gilt es, die Märkte über die erhobenen Vorwürfe sachgerecht und transparent aufzuklären und durch aktive Kommunikation wirksam gegenzusteuern. Dabei kann das Management oftmals auf die Unterstützung größerer Aktionärsgruppen und Investoren bauen, die der auf einen massiven Kurssturz gerichteten Leerverkaufsattacke sehr kritisch gegenüberstehen werden. Das effektivste Abwehrmittel wird dabei oftmals der Verweis auf die eigene positive Geschäftsentwicklung sein.

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