Deutsche Post – Entfristungspraxis könnte zum Eigentor werden

Die Deutsche Post hat viel Aufmerksamkeit durch ihren Umgang mit befristeten Arbeitsverträgen auf sich gezogen. Veröffentlicht wurden Kriterien, anhand derer Führungspersonen beurteilen sollen, ob der Arbeitsvertrag eines Mitarbeiters entfristet wird oder der Vertrag auslaufen soll.

Verträge von Mitarbeitern, die während der zweijährigen Befristung mehr als 20 Tage wegen Krankheit gefehlt haben, sollen nicht entfristet werden. Gleiches gilt für Mitarbeiter, die mehr als zwei selbstverschuldete Unfälle mit Transportfahrzeugen und einem Schaden von mehr als 5 000 Euro verursacht oder im Zeitraum von drei Monaten mehr als 30 Stunden zusätzlich für ihre Touren gebraucht haben. „Dass Arbeitgeber für die Entfristungsentscheidung solche Kriterien verwenden, ist nicht unüblich, wird jedoch nicht offen kommuniziert,““ weiß Lara Unverricht, Arbeitsrechtsexpertin bei Simmons & Simmons.

Rechtlich ist das Vorgehen der Deutschen Post legitim. Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz haben Arbeitgeber das Recht, Arbeitsverträge für die Dauer von zwei Jahren ohne Sachgrund zu befristen. Nach Ablauf der Befristung endet das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung. „Ob der Arbeitgeber den Mitarbeiter darüber hinaus unbefristet beschäftigt, liegt in seinem freien Ermessen““, so Unverricht weiter. „Das Gesetz sieht dafür keine Vorschriften vor. Lediglich aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz können sich Einschränkungen ergeben und zwar dann, wenn diskriminierende Kriterien zugrunde gelegt werden.““ Bei den von der Deutschen Post verwendeten Kriterien könnte also lediglich über eine mittelbare Benachteiligung von behinderten Arbeitnehmern nachgedacht werden, da diese eine erhöhte Anzahl krankheitsbedingter Fehltage vorweisen können. Die Deutsche Post erklärte jedoch, dass es sich nicht um starre Kriterien handele, sondern im Einzelfall beurteilt werde, ob das Arbeitsverhältnis fortgeführt wird.

Arbeitnehmer könnten auf gleiche Rechte pochen

Die von der Deutschen Post genannten Gründe basieren auf berechtigten Unternehmerinteressen. Häufige krankheitsbedingte Abwesenheiten führen zu Störungen im Arbeitsablauf und zu einer Mehrbelastung der anderen Mitarbeiter. Durch selbstverschuldete Unfälle mit Fahrzeugen entstehen dem Arbeitgeber zudem Kosten, die er auf Grund rechtlicher Vorgaben nur in Ausnahmefällen vom Arbeitnehmer ersetzt verlangen kann. Der Arbeitgeber hat ein Interesse, möglichst zuverlässige und umsichtige Arbeitnehmer dauerhaft zu beschäftigen.

„Arbeitgeber sollten jedoch beachten, dass durch die Festlegung objektiver Kriterien eine Selbstbindung entstehen kann, wodurch sie im Ergebnis in ihrer Entscheidung eingeschränkt werden““, erläutert Arbeitsrechtlerin Unverricht. „Arbeitnehmer könnten dann verlangen, dass ihre Entfristung nach denselben Kriterien beurteilt und bei deren Vorliegen bejaht wird. Dies wäre jedoch im Einzelfall zu prüfen.““

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