Krieg und Zinsen — Zwei Extreme an der Börse
Zwei Ereignisse haben im vergangenen Jahr fulminante Bewegungen auf dem Kurszettel ausgelöst: Der russische Überfall der Ukraine am 24.2. und der rasante Zinsanstieg, der die Umlaufrendite für Bundesanleihen seit März 2022 binnen weniger Monate aus dem negativen Bereich um 250 Basispunkte nach oben katapultiert hat.
In dieser Geschwindigkeit waren die Zinsen in Deutschland noch nie zuvor gestiegen. Die Folgen von Kriegsausbruch und Zinsanstieg lassen sich an den Aktienbörsen am ehesten und „ungefiltert“ an der Kursentwicklung von Rüstungswerten einerseits und Immobilienwerten andererseits ablesen. In der Tat legte der Rüstungskonzern Rheinmetall, Hersteller von „Marder“ und „Leopard“, über zwölf Monate eine nie dagewesene Kursrally hin, setzte sich mit einem sagenhaften Gewinn von 123,99% an die Spitze aller MDAX-Werte und klopft seither an die Tür des DAX. Um weitere Beispiele für diese Beobachtung zu finden, muss der Analyst im der Rüstungsindustrie wenig zugewandten Deutschland den hiesigen Kurszettel allerdings verlassen.
Weitere börsengelistete Rüstungsunternehmen finden sich in den USA mit Lockheed Martin (+46%) und Northrop Grumman (+42%), an der Euronext mit der französischen Thales (+50%) oder an der LSE mit BAE Systems (+46,15%). Auch deren üppige Kursgewinne bestätigen unsere These der Profiteure eines Kriegsausbruchs am Rande Europas. Bei den Immobilienwerten als wohl beste Seismographen für die tektonischen Erschütterungen, die ein Zinsanstieg auslösen kann, werden wir schon eher in Deutschland fündig. Auch aus dieser Gruppe setzte sich mit Vonovia 2022 ein Unternehmen an die Spitze, in diesem Fall des DAX 40, allerdings mit negativem Vorzeichen (-54,60%), während der DAX im Durchschnitt nur 12,35% verlor.
Bei den über Jahre rekordniedrigen Zinsen war Vonovia zuvor mit wehenden Fahnen in den DAX 40 aufgestiegen, schaffte mithin etwas, was jetzt Rheinmetall zugetraut wird. Im MDAX finden sich mit TAG Immobilien, die mit -75,44% die rote Laterne tragen sowie Aroundtown Property (-58,97%) und LEG Immobilien (-50,40%) gleich drei Unternehmen, die mit ihrer miserablen Kursperformance unsere These der klassischen Verlierer des Zinsanstiegs bestätigen. Der MDAX insgesamt verlor „nur“ 28,49%. Im SDAX (-27,35%) gibt es mit Hypoport (-80,94%), Grand City Properties (-55,99%) und DIC Asset (-50,43%) weitere Immobilienunternehmen, die vom Zinsanstieg in die Knie gezwungen wurden. afs
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