US-Aktienmärkte auf Rekordjagd – Zwischen Euphorie und Risiken
US-Aktien eilen von Rekord zu Rekord, doch extreme Bewertungen und die Dominanz weniger Tech-Giganten könnten durch diesen entscheidenden Störfaktor bald ins Wanken geraten.

Seit dem Tiefpunkt im April dieses Jahres sind die US-Börsen beeindruckend gestiegen: Der S&P 500 legte rund 37% zu, der Nasdaq sogar 48%. Während diese beiden Indizes bereits seit Monaten Allzeithochs markieren, hat zuletzt auch der Russell 2000 (das Leitbarometer für US Small Caps) ein neues Rekordniveau erreicht. Mit dieser Rally bewegen sich die Bewertungen jedoch auf historische Extremwerte zu. Das Shiller-KGV, das den Kurs ins Verhältnis zum inflationsbereinigten Durchschnittsgewinn der letzten zehn Jahre setzt, steht aktuell bei 39 – etwas höher als im Jahr 2021 und nur noch von der Dotcom-Blase 1999 (43) übertroffen. Auch das Equity Risk Premium ist negativ: Die Gewinnrendite des S&P 500 liegt derzeit 0,52 Prozentpunkte unter der Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen. Ende der 1990er-Jahre betrug der Abstand sogar rund 3,2 Prozentpunkte zugunsten der „risikolosen“ Anleihen.
Dominanz der Tech-Giganten
Parallel dazu nimmt die Marktkonzentration historische Dimensionen an. Laut Daten von Deutsche Bank Research vereinen Nvidia, Microsoft, Apple, Alphabet und Amazon zusammen knapp 29% der gesamten Marktkapitalisierung des S&P 500. Vergleichbar war dies zuletzt Ende der 1960er-Jahre, in der sogenannten Nifty-Fifty-Ära, als einige wenige Blue Chips ähnlich dominant waren – und auf die schließlich ein massiver Bärenmarkt folgte. Auch andere Bewertungskennzahlen warnen vor Überhitzung: Das Kurs-Buchwert-Verhältnis des S&P 500 liegt mit 5,3 mittlerweile sogar über dem Höchststand von 1999 (5,0). Getrieben wird die Rally jedoch nicht allein durch Erwartungen, sondern auch durch harte Zahlen: Die großen Tech-Giganten verzeichnen außergewöhnlich starke Umsatz- und Gewinnsteigerungen, während zugleich die Hoffnungen auf gewaltige Produktivitätsschübe durch künstliche Intelligenz die Fantasie der Anleger befeuern.
Inflation als Schlüsselfaktor
Neben der Euphorie rund um KI und den positiven Geschäftszahlen wirkt auch die makroökonomische Großwetterlage als Treiber. Die historisch hohe Staatsverschuldung der westlichen Länder und der anhaltende Bärenmarkt langlaufender US-Staatsanleihen drängt Investoren zunehmend aus den Bondmärkten in Alternativen wie Gold – und aber auch in Aktien. Doch trotz dieser Rückenwinde bleibt die Inflation das zentrale Risiko. Bereits 2022 hat sich gezeigt, dass die größten Tech-Konzerne empfindlich auf stark steigende Inputkosten reagieren. Sollte die US-Notenbank Federal Reserve die Inflation laufen lassen oder zu spät gegensteuern, könnte dies die Rally abrupt beenden. Für Anleger bedeutet das: Mit einer Diversifikation in weniger hoch bewertete und inflationsresistente Titel lässt sich das Risiko zumindest abfedern. Langlaufende Anleihen bleiben hingegen strukturell unattraktiv.