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Krisenwährung – Warum Gold gerade jetzt so glänzt

Gold steht derzeit so hoch in der Gunst der Anleger wie noch nie. Binnen zwölf Monaten stieg der Preis in US-Dollar um mehr als 40% – und das, obwohl Spareinlagen wieder ordentliche Zinsen abwerfen. Warum strahlt Gold gerade jetzt so hell?

David Giesecke,
Goldbarren mit Kursverlauf
Goldbarren mit Kursverlauf © AdobeStock

Seit 2022 nimmt Gold im neuen makroökonomischen Regime eine andere Rolle ein: Die durch Russlands Einmarsch in die Ukraine ausgelöste Energiekrise in Kombination mit der durch die Corona-Pandemie aufgeblähte Liquiditätsversorgung hat die Inflation weltweit angeschoben. Die US-Notenbank Federal Reserve startete daraufhin einen der schärfsten Zinserhöhungszyklen ihrer Geschichte – doch nicht alle Renditen stiegen gleichermaßen. Gold korreliert inzwischen stärker denn je mit den Realrenditen – also dem „risikolosen Zins“ von US-Staatsanleihen abzüglich der Inflationserwartung. Fallen diese, gewinnt Gold an Attraktivität.

Als 2022 die Kurse langlaufender Staatsanleihen einbrachen (und die Renditen entsprechend stiegen), während die Inflationserwartungen sanken, blieb Gold erstaunlich stabil – und entkoppelte sich im Herbst endgültig vom bisherigen Muster. Mit der wachsenden Zinslast der USA schwand erstmals das globale Vertrauen in US-Staatsanleihen als „risikolose Reserve“.

US-Anleihen unter Beschuss

Im selben Jahr setzten die USA ihr Privileg als Emittent der Weltleitwährung erstmals als Waffe ein: Russland wurde über Nacht vom weltweiten Dollarhandel ausgeschlossen und konnte selbst auf eigene Dollarreserven nur noch eingeschränkt zugreifen. Diese folgenschwere Entscheidung der US-Regierung führte weltweit zu einer Neubewertung der US-Staatsanleihen als neutrale und sichere Reservewährung. Der daraus resultierende Risikoaufschlag machte Gold für Zentralbanken noch attraktiver – mit spürbaren Konsequenzen: In den Folgejahren kam es zu massiven Goldkäufen durch Notenbanken.

Zollpolitik verschärft das Problem

Die aktuelle US-Handelspolitik verschärft den weltweiten Wirtschaftsabschwung und US-Staatsanleihen verlieren zunehmend ihre Rolle als sicherer Hafen vor einer Konjunkturabkühlung: Nach den jüngsten Zollankündigungen gaben sie – parallel zu den Aktienmärkten – deutlich nach. Ein Regimewechsel: Plötzlich sehen die Märkte eine mögliche konjunkturelle Abkühlung als weitere Belastung für den US-Staatshaushalt. Denn eine schwächere Wirtschaftsleistung verschlechtert das Verhältnis von BIP zu Staatsverschuldung – und entfernt die USA weiter von ihrem Ziel einer günstigeren Refinanzierung, wie es Finanzminister Scott Bessent formuliert hat.

Erschwerend kommt hinzu, dass die von Donald Trump angestrebte Handelsbilanzneutralität die Nachfrage nach US-Staatsanleihen spürbar dämpft. Das chronische Handelsbilanzdefizit der USA hatte der Welt bislang einen stetigen Dollarüberschuss beschert, der in US-Anleihen und -Aktien floss. Doch der jüngste Kursverfall von Dollar, Aktien und Anleihen signalisiert eine Trendwende: Die Kapitalströme kehren sich um – und verlassen zunehmend US-Vermögenswerte.

Remonetarisierung des Goldes

Viele Beobachter sehen in der aktuellen Entwicklung eine Remonetarisierung des Goldes – während US-Staatsanleihen zunehmend an Vertrauen verlieren. Die Gold-Hausse spiegelt letztlich das schwindende Vertrauen in die fiskalische Stabilität der USA und ihre Verlässlichkeit als globaler Partner wider.

Fiskalische Austerität allein wird dieses strukturelle Defizit kaum beheben – im Gegenteil: Die Sorge vor neuen Belastungen für Dollar und US-Anleihen wächst. Mit jeder neuen Zollschraube untergräbt Washington das Vertrauen in seine Finanzstabilität – und verleiht Gold damit zunehmend Glanz als alternatives Wertaufbewahrungsmittel.

Bisher in dieser Serie erschienen:

Teil 1: Krisenwährung – Warum Gold gerade jetzt so glänzt

Teil 2: Gold im Superzyklus? Was für die große Bewegung spricht

 

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