Geld- und Fiskalpolitik

US-Notenbank senkt Zinsen – und sendet widersprüchliche Signale

Mit der Zinssenkung setzt die US-Notenbank zwar ein Signal zur Unterstützung des Arbeitsmarkts, stiftet aber zugleich Verwirrung mit höheren Wachstums- und Inflationsprognosen. Wie Dollar und Zinsen reagieren, ist paradox.

David Giesecke,
Jerome Powell nimmt Fragen der Journalisten entgegen
Jerome Powell nimmt Fragen der Journalisten entgegen © Federal Reserve

Um 25 Basispunkte reduzierte die US-Notenbank am Mittwochabend (17.9.) den Leitzins auf 4,25%. Zwar hatten einige Marktteilnehmer sogar auf eine Senkung um 0,5 Prozentpunkte gehofft, doch das Fed-Watch-Tool der CME taxierte die Wahrscheinlichkeit dafür im Vorfeld lediglich auf 4%. Entsprechend verhalten reagierten die großen US-Indizes S&P 500 und Nasdaq auf die Entscheidung. Nur die stark geshorteten Small Caps im Russell 2000 schossen in einem Short-Squeeze kurzfristig um mehr als 1,6% nach oben auf ein neues Allzeithoch, gaben die Gewinne jedoch rasch wieder ab.

Heißere Wirtschaft und trotzdem weitere Zinssenkungen?

In ihrer Mitteilung hob die Federal Reserve die gestiegenen Abwärtsrisiken am Arbeitsmarkt hervor. Neueinstellungen gingen zurück, die Arbeitslosigkeit zog an. US-Notenbankchef Jerome Powell sprach von einer Verschiebung der Risikobalance zwischen den Mandaten Preisstabilität und Vollbeschäftigung hin zur Stützung des Arbeitsmarkts. Entsprechend fielen die Projektionen der Mitglieder taubenhaft (dovish) aus: Im Median erwarten sie noch zwei weitere Zinssenkungen in diesem Jahr.

Widersprüchlich wirken jedoch die begleitenden Prognosen: Für 2025 hob die Fed das BIP-Wachstum von 1,4 auf 1,6% an, die Inflationsprognose für 2026 wurde von 2,4 auf 2,6% nach oben gesetzt. Gleichzeitig blieb die Erwartung für die Arbeitslosenquote jedoch unverändert, für 2026 wurde sie sogar leicht gesenkt (von 4,5 auf 4,4%). Spekulationen über eine mögliche politische Einflussnahme auf die Zinsentscheidung wird die US-Notenbank damit nicht los.

Renditen und Dollar drehen scharf

Besonders stark reagierten Anleihe- und Devisenmärkte. Die Rendite zehnjähriger US-Treasuries rauschte zunächst auf den tiefsten Stand seit dem April-Einbruch im Zuge der Zollstreitigkeiten, drehte dann aber deutlich ins Plus und schloss bei 4,08%. Der US-Dollar-Index fiel unmittelbar nach Veröffentlichung um 0,28%, erholte sich dann aber kräftig um über 0,8% von den Tagestiefs und schloss im Plus. Solche Fehlausbrüche nach unten, die kurzfristig markante Tiefs unterschreiten, nur um letztlich doch im Plus zu schließen, gelten in der Charttechnik häufig als Signal für eine zumindest zwischenzeitliche Bodenbildung. Vor dem Hintergrund der ebenfalls recht dovishen Pressekonferenz hätte der Dollar den Tag eigentlich schwächer beenden müssen – Doch es kam genau anders.

Die einseitige Short-Positionierung vieler Marktteilnehmer im Dollar könnte die Aufwärtsbewegung in den kommenden Tagen zusätzlich verstärken. Zugleich rücken widersprüchliche Projektionen zu Wachstum und Inflation die nächsten Arbeitsmarkt- und Preisdaten in den Fokus. Die erste Marktreaktion deutet bereits darauf hin, dass Dollar und die Renditen ihren Tiefpunkt erreicht haben könnten.

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