Swiss Re will bei der Prognose nicht vorpreschen
Schon vor den Halbjahreszahlen hatte uns ein Leser nach den Aussichten der Swiss Re gefragt. Die jetzt vorgelegten Ergebnisse können durchaus gefallen. Dennoch bleibt Konzernchef Andreas Berger vorsichtig – was die Anleger mit Gewinnmitnahmen quittieren.

Swiss Re hat im ersten Halbjahr 2025 den Nettogewinn um 24% auf 2,61 Mrd. US-Dollar gesteigert und damit die Erwartungen der Analysten von 2,47 Mrd. Dollar klar übertroffen. Befeuert wurde das am vergangenen Donnerstag (14.8.) veröffentlichte Ergebnis im zweiten Quartal durch eine Kombination aus niedrigen Großschäden sowie einem starken Anlageergebnis. Der Reingewinn in den drei Monaten per Ende Juni erreichte etwa 1,3 Mrd. Dollar, was ebenfalls deutlich über den Erwartungen lag.
Selektiver Neugeschäftsansatz
Von Bremsspuren im Geschäft, nach denen uns Leser vor Veröffentlichung der Zahlen gefragt hatten, ist bei den Schweizern also keine Spur. Zwar fiel der Versicherungsumsatz im ersten Halbjahr auf rund 20,9 Mrd. (Vorjahr: 22,2 Mrd.) Dollar. Doch das ist in erster Linie damit zu begründen, dass Swiss Re angesichts abbröckelnder Preise einen selektiveren Neugeschäftsansatz verfolgte. Bei der Erneuerungsrunde im Juni ergab sich Inflations- und Risiko-adjustiert ein Preisrückgang von 2,3%, was in etwa auch den Angaben bei den Mitbewerbern von Hannover Rück und Munich Re entspricht.
Die Schaden/Kosten-Quote im zentralen Schaden/Unfall-Geschäft verbesserte sich im ersten Halbjahr deutlich auf 81,1% (Vorjahr: 84,3%), wozu neben niedrigen Großschäden auch rückläufige Rückstellungen beitrug. Für Naturkatastrophen und von Menschen verursachte Schäden gab die Swiss Re bis zum Halbjahr 769 Mio. Dollar aus – wovon allerdings allein im Q1 schon 710 Mio. Dollar angefallen waren. Ähnlich wie bei Hannover Rück gehen die Schweizer mit etwas Puffer in die im dritten Quartal anfallende Hurrikan-Saison.
Ein weiterer Pluspunkt: Die Kapitalrendite lag mit 4,1% leicht über dem Vorjahr (4,0 Prozent) und ähnlich hoch wie bei den Mitbewerbern, gestützt durch wiederkehrende Erträge und realisierte Kursgewinne. Die Eigenkapitalrendite (ROE), bei der die Schweizer in den vergangenen Jahren deutlichen Aufholbedarf gegenüber der Konkurrenz hatten, liegt mittlerweile mit 23% ähnlich hoch wie bei der Konkurrenz. Die Solvenzquote nach Swiss Solvency Test beträgt rund 264% (Zielbereich: 200 bis 250%).
Guidance-Bestätigung enttäuscht
Für Enttäuschung sorgte der Ausblick: Swiss Re bekräftigte die Jahreszielvorgabe eines Reingewinns von über 4,4 Mrd. Dollar – obwohl zum Halbjahr bereits etwa 60% dieses Zieles erreicht wurden, deutlich mehr als bei Hannover Rück und Munich Re (jeweils rund 53%). Auch wenn über die Ursache nur gemutmaßt werden kann: Der Kursverlust von rund 3% bei der an der SIX gelisteten Aktie (146,10 CHF; CH0126881561) seit Bekanntwerden der Halbjahreszahlen könnte damit zusammenhängen, dass Konzernchef Andreas Berger trotz der guten Halbjahresbilanz an der Guidance festhielt.
Die Swiss Re, die nach einer am Dienstag veröffentlichten Studie von AM Best im Jahr 2024 mit Brutto-Rückversicherungseinnahmen von 36,2 Mrd. Dollar Munich Re (32,6 Mrd. Dollar) als größter Rückversicherer der Welt überholt hat, steuert dennoch gestärkt durch ein schwieriges Marktumfeld. Das Unternehmen legt nach einigen nicht so erfolgreichen Jahren ein deutlich verbessertes Risikomanagement an den Tag. Es ist zudem inzwischen auch kapital- und renditestark. Dennoch deutet der unveränderte Ausblick darauf hin, dass sich auch Andreas Berger angesichts einer schwieriger werdender Branchenlage derzeit nicht zu weit aus dem Fenster lehnen will.
Bewertung mit leichtem Aufschlag
Bei der Bewertung zeigt sich ein gemischtes Bild. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 10,8 auf Basis der in den kommenden zwölf Monaten erwarteten Gewinne ist Swiss Re derzeit zwar etwas günstiger bewertet als Hannover Rück (11,5) und Munich Re (11,4). Im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt von 10,2 ergibt sich bei den Zürchern jedoch – ähnlich wie bei den Münchnern – ein leichter Bewertungsaufschlag. Nur Hannover Rück, das für sein starkes Risikomanagement regelmäßig höher bewertet wird als im Branchenschnitt, notiert aktuell leicht unterhalb des eigenen Zehn-Jahres-Schnitts von 12,5.
Für Swiss Re spricht zudem scheinbar die Gewinnperspektive: Analysten trauen dem Konzern bis 2027 ein durchschnittliches Ergebniswachstum von rund 18% pro Jahr zu. Allerdings ist diese Dynamik auch im Lichte der Vergangenheit zu sehen: In den letzten zehn Jahren kam Swiss Re lediglich auf ein mageres Wachstum von 1,5% jährlich – und blieb damit deutlich hinter den deutschen Wettbewerbern zurück, die jeweils fast 9% erreichten.
Vor dem Hintergrund dieser fairen Bewertung und angesichts erster kleinerer Risse im Marktumfeld bleibt Swiss Re derzeit weiterhin eine „Halten“-Position. Unser Stopp steht unverändert bei 110,00 Dollar.