Singapur – Dunkle Ecken im Glitzerparadies
Singapur ist eine wichtige Drehscheibe für internationale Handels- und Finanzströme. Voraussetzung dafür ist ein zuverlässig funktionierendes Rechtssystem und eine untadelige Staatsverwaltung.

Dieser Ruf wird derzeit durch die Einstellung eines Strafverfahrens wegen Geldwäsche in Höhe von mehreren Milliarden Singapur-Dollar (SGD) gegen 15 von 17 untergetauchten Ausländern chinesischer Herkunft auf eine harte Probe gestellt. Nicht nur die Bevölkerung des Stadtstaates argwöhnt, dass sich Wirtschaftskriminalität in Singapur lohnt. Immerhin wurde den Verdächtigen die Wiedereinreise nach Singapur offiziell untersagt. Dieser Großzügigkeit stehen vollstreckte Todesurteile gegen kleine Drogenkuriere gegenüber. Noch bedenklicher: Die staatlicherseits so lax gehandhabte Geldwäsche erfolgte offenbar im Auftrag der chinesischen Glücksspielmafia, die sich in mehreren südostasiatischen Staaten, insbesondere auf den Philippinen und in Indonesien, etabliert hat und inzwischen auch in den Drogenhandel expandiert.
Zweifel wirft auch der Umgang mit dem skandalumwitterten Rohstoffriesen Trafigura Group auf, der wesentliche Teile seines Geschäfts über Singapur abwickelt. Derzeit sieht sich Trafigura strafrechtlichen Ermittlungen in drei Ländern ausgesetzt. Der weltweit größte private Metall- und zweitgrößte Ölhändler mit einem Umsatz von 244,3 Mrd. US-Dollar im Jahr 2023 und einem Reingewinn von 7,4 Mrd. Dollar beschäftigt mehr als 12.000 Mitarbeiter an über 50 Standorten, von denen Singapur und Genf wohl die wichtigsten sind.
Die Muttergesellschaft der Trafigura-Gruppe, Trafigura Beheer, hat ihren Sitz jedoch in den Niederlanden. Derzeit läuft in der Schweiz ein großes Korruptionsverfahren wegen Bestechung angolanischer Beamter. Die US-amerikanische Commodities Futures Trading Commission (CFTC) verhängte im Sommer eine Strafe von 55 Mio. Dollar wegen Marktmanipulation und Betrugs, die durch einen Whistleblower aufgedeckt worden waren. Zudem wurde Trafigura im Zusammenhang mit dem brasilianischen „Car Wash“-Skandal von den US-Behörden mit einer Buße von 126 Mio. Dollar belegt.
In Singapur sind die Maßnahmen gegen Geldwäsche ein Drahtseilakt. Bei jedem Schritt und jeder Maßnahme gibt es Kompromisse. Das System darf nicht zu lasch sein, aber gleichzeitig auch nicht zu streng, denn „wir wollen echte, gesetzestreue Unternehmen nicht unterdrücken“, erklärte eine Regierungsvertreterin gegenüber dem Online-Blog „Asia Sentinel“. Der Finanzplatz sollte mit Vorsicht betrachtet werden, weil uns die Verlässlichkeit des Rechtssystems zweifelhaft erscheint.