Baltische Staaten – Europas Zukunft im Nordosten
Die Sieger der Konkurrenz unter den europäischen Finanzplätzen könnten sehr wohl Vilnius, Riga und Tallinn heißen: Die baltischen Fintechs übernehmen immer mehr Funktionen klassischer Banken.

Das klassische Zinsgeschäft der Banken besteht in der Vermittlung zwischen Marktteilnehmern mit Überschüssen und jenen mit Finanzierungsbedarf: Sie verschieben Geld von A nach B. Die Banken werden aber tatsächlich gebraucht, weil sie bei diesem nur auf den ersten Blick einfachen Transfer Informationshürden (Bonität des Schuldners? Tragfähigkeit der Projekte?) und Abwicklungsprobleme (Laufzeit und Größe angebotener Summen passen selten zur Nachfrage) beseitigen. Was Banken derzeit zunehmend dabei umtreibt: Mit jeder erfolgreichen Lösung dieser Fragestellungen durch die digitale Technik verlieren sie ein Stück ihrer Existenzberechtigung; in etwa so wie der stationäre Einzelhandel langsam vom Online-Handel gefressen wird.
Auf der Gewinnerseite stehen die Fintechs, die neue Lösungen entwickeln und anbieten. Und davon finden sich erstaunlich viele in den baltischen Staaten. Aktuell herausragendes Beispiel ist das litauische FinTech Axiology. Es erhielt jüngst eine Lizenz für die Emission und den Handel digitaler Anleihen für KMU und Privatanleger und wurde im Rahmen des DLT-Pilotprogramms der EU für den Betrieb eines vollständig integrierten Handels- und Abwicklungssystems unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) zugelassen. Die Lizenz wurde von der litauischen Zentralbank in Abstimmung mit der EZB und der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) erteilt. Auf dieser Basis betreibt Axiology einen Handelsplatz für tokenisierte digitale Vermögenswerte mit integrierten Abwicklungs-, Notar- und Verwahrungsfunktionen. Die Infrastruktur ermöglicht die digitale Ausgabe, den Handel und die Abwicklung von Finanzinstrumenten in der Blockchain unter Verwendung regulierter E-Geld-Token (EMTs). Die Infrastruktur des Unternehmens nutzt eine genehmigte Version des XRP Ledger (XRPL), eines weltweit als sicher und effizient anerkannten Blockchain-Protokolls.
Mithilfe dieser Technik ähneln die Transaktionen zunehmend dem Geschehen auf dem idealen, mikroökonomischen Markt, auf dem Teilnehmer mit Überschüssen mit den Kreditsuchenden zusammenkommen. Die in den Handelssystemen steckenden Lösungen können beliebig reproduziert werden. Daher wird insbesondere kleineren Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, digitale Anleiheprodukte auf den Markt zu bringen, ohne eine eigene Infrastruktur aufbauen zu müssen. Die Axiology-Technik reduziert die Kosten für den Lebenszyklus von Anleihen um über 40% und eliminiert mehrtägige Abwicklungsverzögerungen. Damit verdrängt die digitale Technik der Fintechs die Banken als bisher benötigte Intermediäre. Das sollte auch in den aktuellen Depots erkennbar sein.