Hannover Rück liefert nicht so stark wie erwartet – Rückenwind lässt nach
Hannover Rück verfehlt im Q2 die hohen Markterwartungen. Bei steigenden Gewinnen nutzt der Konzern das günstige Schadensumfeld zur Vorsorge. Doch fallende Preise in der Rückversicherung trüben den Ausblick – nicht nur bei der Mutter Talanx wird da genau hingeschaut.

Mit den Zahlen zum zweiten Quartal konnte Hannover Rück am Dienstag (12.8.) anders als vor Jahresfrist die hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen. Umsatz und operatives Ergebnis blieben unter den Analystenschätzungen. Dabei nutzte der drittgrößte Rückversicherer der Welt allerdings das niedrige Schadensaufkommen, um Ergebnispuffer für schlechtere Zeiten aufzubauen.
Der Rückversicherungsumsatz stieg um 2% auf 6,37 Mrd. Euro – knapp 2% weniger als prognostiziert. Die Entwicklung der Wechselkurse drückte natürlich: Währungsbereinigt hätte das Plus zum Halbjahr bei 4,3% gelegen. Die Schadenslast war mit 211,1 Mio. Euro deutlich niedriger als im stark belasteten ersten Quartal (765,0 Mrd. Euro), fiel aber nicht so überragend günstig aus wie beim Mitbewerber Munich Re. Großschäden summierten sich im Halbjahr auf 976 Mio. Euro und lagen damit leicht über dem Budget von 935 Mio. Euro. Anders als in den Vorjahren gehen die Hannoveraner damit nicht mit einem „Puffer“ in die entscheidende Hurrikan-Saison im dritten Quartal.
Kleine operative Schwächen
Das operative Ergebnis (EBIT) kletterte um 26% auf 1,07 Mrd. Euro, verfehlte aber die Prognosen um 5%. Neben der Vorsorgebildung schwächte ein erneut hinter den Erwartungen zurückbleibendes Ergebnis in der Personen-Rückversicherung die Entwicklung. Auch der Bestand der vertraglichen Netto-Servicemarge (CSM), der die noch unverdienten Gewinne des gezeichneten Geschäftes quantifiziert, blieb wie im Q1 hinter dem Vorjahreswert zurück. Unter dem Strich legte der Gewinn aber um 38% auf 833 Mio. Euro zu – mehr als erwartet. Finanzvorstand Christian Hermelingmeier verwies auf unsere Nachfrage auf ein vom starken Euro begünstigtes Währungsergebnis und eine günstige Steuerquote.
Der harte Markt bröckelt
Die Jahresprognose wurde bestätigt – und sieht aus unserer Sicht auch durchaus realistisch aus. Dennoch stellt sich die Frage, ob der „harte“ Markt im Rückversicherungssektor seinen Zenit überschritten hat. Erstmals seit 2017 verzeichnete Hannover Rück in diesem Jahr in den Erneuerungsrunden fallende Preise – wenn auch nach massiven Erhöhungen seit 2021 und insbesondere im Jahr 2023. Bei der wichtigsten Erneuerungsrunde im Januar (fast zwei Drittel der Verträge) gingen sie um 2,1 % zurück, im April und Juni um 2,4 % bzw. 2,9 %. Laut Hermelingmeier sind die Raten aber „weiterhin auf sehr auskömmlichem Niveau“. Hinzu komme, dass sich die „Terms and Conditions“ – zum Beispiel höhere Selbstbehalte der Erstversicherer – günstig für die Hannover Rück entwickelten. „Hier sehen wir eine hohe Disziplin am Markt, und das ist für uns genauso wichtig wie die Preisentwicklung.“

Bewertungsaufschlag wird reduziert
An der Börse kamen die Zahlen dennoch nicht besonders gut an. Die Aktie (258,80 Euro; DE0008402215) verlor am Dienstag 2,5% und gehörte zu den größten Tagesverlierern im deutschen Leitindex. Anleger reduzieren nach der starken Entwicklung bis Anfang Mai angesichts bröckelnder Aussichten ihr Risiko und nehmen Gewinne mit (seit Allzeithoch am 6.5.: -12%). Die DAX-Aktie wird dank des guten Risikomanagements noch mit einem Bewertungsaufschlag von rund 10% gegenüber dem Branchenschnitt bewertet. Die Gewinnschätzungen sind seit Jahresbeginn mit +8% etwas stärker gestiegen als der Aktienkurs (+7%). Damit liegt das 12-Monats-Forward-KGV bei 12 (10J-Schnitt: 12,5).
Angesichts der ersten Risse im Marktumfelds halten wir bei Hannover Rück an unserer „Halten“-Einschätzung fest. Stopp: 196,25 Euro.
Für unseren Musterdepotwert Talanx, mit rund 50% Hauptaktionär von Hannover Rück, liefern die Zahlen eine solide Vorlage für den eigenen Bericht am Donnerstag (14.8.). Wer als Anleger Talanx den Vorzug gegenüber der Tochter Hannover Rück gibt, erhält zusätzlich zum stabilen Rückversicherungsgeschäft auch noch das zuletzt das Wachstum antreibende internationale Erstversicherungsgeschäft. Aber auch bei Talanx raten wir angesichts der Sorge um stärkere Belastungen von der Währungsseite, erster kleiner Wachstumsschatten und einer fairen Bewertung derzeit nicht uneingeschränkt zum Kauf.
Talanx steht bei uns auf „Halten“ mit Stopp bei 85,00 Euro.