Versicherungen

Allianz kann sich Bewertungsprämie verdienen

Die Allianz-Aktie ist derzeit so teuer wie selten zuvor. Doch starke Halbjahreszahlen und ein klarer Fokus auf Shareholder Return rechtfertigen diese Entwicklung zumindest zum Teil. Langfristig orientierte Anleger sollten das Papier auf dem Schirm haben.

Klaus Brune,
Logos der Allianz Versicherung
Logos der Allianz Versicherung © AdobeStock

Mitte August ist die Allianz-Aktie zum zweiten Mal in diesem Jahr an der Marke von 380,00 Euro abgeprallt. Das ist keine große Überraschung, denn auf aktuellem Niveau wird die DAX-Aktie (363,00 Euro; DE0008404005) mit dem 12,4-Fachen der in den kommenden zwölf Monaten erwarteten Gewinne bewertet. Historisch war das Papier in den vergangenen zehn Jahren (Schnitt: 10x) selten teurer.

Schätzungen könnten zu konservativ sein

Doch daraus müssen keine imminenten Rückschlaggefahren abgeleitet werden. Die Anfang August publizierten Halbjahreszahlen überraschten jedenfalls positiv. Zwar traute sich Konzernlenker Oliver Bäte trotz eines starken zweiten Quartals noch keine Erhöhung der Guidance zu, weil er das schadensträchtige dritte Quartal abwarten will. Der operative Gewinn lag nach sechs Monaten mit 8,6 Mrd. Euro dennoch auf Rekordniveau, dank eines günstigen Schadensverlaufs und eines stringenten Risikomanagements in einem zunehmend herausfordernderen Marktumfeld.

Läuft das zweite Halbjahr ähnlich gut, läge der operative Gewinn am Jahresende mit über 17 Mrd. Euro womöglich über dem oberen Rand der Guidance (16 Mrd. +/- 1 Mrd. Euro), vor allem aber rund 5% über der Markterwartung. Fundamental kommt hier also Rückenwind. Steigt der Gewinn in diesem Jahr tatsächlich stärker als erwartet, so dürften die Gewinnreihen für die beiden kommenden Jahre noch einmal nach oben revidiert werden, was die Bewertung deutlich attraktiver machen würde.

Denn ein zentraler Pfeiler der Story ist der konsequent gesteigerte Shareholder Return. Die Allianz verfolgt schon seit Jahren eine Politik, die stabile Dividenden mit Aktienrückkäufen kombiniert. In den vergangenen fünf Jahren wurden im Schnitt 63% des Gewinns ausgeschüttet, die Dividendenrendite lag in den vergangenen zehn Jahren bei durchschnittlich 5%. Gleichzeitig hat der Münchner Versicherer seit 2017 Aktienrückkäufe im Volumen von 14 Mrd. Euro oder etwa 16,6% des Grundkapitals durchgeführt – mit steigender Tendenz seit 2022.

Für dieses Jahr kalkulieren wir auf Basis der Gewinn- und Dividendenschätzungen sowie des angekündigten Rückkaufs von Aktien im Wert von bis zu 2 Mrd. Euro mit einem Total Shareholder Return (TSR) von fast 14%. Das wäre zwar geringfügig weniger als im Vorjahr (15,7%), aber deutlich höher als im Schnitt der vergangenen Jahre. Lässt man 2022 (TSR: 37,7% bei einem Gewinnwachstum von 30%) und 2020 (TSR: -8% nach einem Gewinnrückgang um 14%) außen vor, erzielten Allianz-Aktionäre seit 2019 eine jährliche Gesamtrendite von 11%. Das macht die Allianz-Aktie trotz der hohen Bewertung für langfristig orientierte Investoren spannend.

Kurzfristig fühlen wir uns angesichts der hohen Bewertung mit unserem „Halten“-Votum bei der Allianz-Aktie sehr wohl. Das operative Momentum spricht jedoch dafür, dass der Versicherer einen Teil seiner Bewertungsprämie rechtfertigen kann. Bei Rücksetzern, die nicht die Folge einer operativen Verschlechterung sind, könnten wir das Papier durchaus wieder akkumulieren. Stopp bei 238,00 Euro.

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