Fusionskontrolle – Leitfaden mit Optimierungspotenzial

"Das Bundeskartellamt hat einen neuen Leitfaden zur Fusionskontrolle vorgelegt. Darin werden die Kriterien aufgeführt, nach denen das Bundeskartellamt Zusammenschlüsse von Unternehmen freigibt oder untersagt. Mit dem Leitfaden lehnt sich die Praxis des Bundeskartellamtes weiter an die Fusionskontrolle der EU-Kommission an, wonach u. a. ökonomische Gesichtspunkte eine größere Rolle spielen. "

Nach Aussagen der Wettbewerbshüter soll der Leitfaden eine griffigere Orientierungshilfe für Unternehmen geben. „Dieses Ziel wird auch weitgehend erreicht“, bestätigt Lutz Becker, Partner der Kanzlei Corinius. Allerdings lasse er dabei die aus Unternehmenssicht wichtige Bestimmung von Freiräumen oder wettbewerbsfördernden Faktoren wie beispielsweise kartellbehördlich anerkannte Bagatellschwellen außer Acht. „Soll der Leitfaden wirklich als Orientierungshilfe dienen, gibt es noch Luft nach oben“, so Becker.

Verbesserungsmöglichkeiten sieht der Kartellrechtler insbesondere in drei Punkten: „Anders als die Kartellbehörden der EU oder der USA sieht das Bundeskartellamt im Rahmen der zentralen Marktbetrachtung keine Rechtsgrundlage dafür, Effizienzen in Form von wettbewerblich positiven Auswirkungen zu berücksichtigen“, so Becker. „Dies beinhaltet das Risiko, dass das zentrale Motiv für ein Vorhaben vorrangig negativ bewertet wird.“ An diversen Stellen des Leitfadens wird die Bedeutung des „tatsächlichen“ Wettbewerbsverhaltens angeführt, z. B. bei der Oligopolprüfung oder auch bei den potenziellen Effekten von konglomeraten Zusammenschlüssen. Jedoch legt die weitere Prüfungssystematik im Leitfaden nahe, dass die Kartellbehörde von diesem Kriterium abrückt oder es zumindest stark relativiert. So vermag die Umsatzstärke der Zusammenschlussparteien anerkanntermaßen keinen validen Hinweis auf das tatsächlich vorhandene Ressourcenpotenzial der Parteien zu geben. „Im Zuge einer wirkungsorientierten Analyse wäre ein Abschreckungseffekt durch Finanzkraft nur relevant, wenn er sich an nachgewiesenen Finanzplanungen oder einer konkreten wettbewerbsschädigenden Mittelverwendung festmachen lässt“, so Becker.

An einigen Stellen weicht der Leitfaden zudem klar von der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf ab, z. B. zur Anwendung der Bewertung von Oligopolsituationen oder der Abwägungsklausel. „Unternehmen sollten ihre Fusionsvorhaben somit auch weiterhin nicht nur anhand der Hinweise der Kartellbehörde, sondern gerade auch auf Basis der einschlägigen Rechtsprechung und sonstigen Fallpraxis überprüfen“, rät Becker.

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