BGH wendet erstmals AGG auf GmbH-Geschäftsführer an
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat einem 62-jährigen Geschäftsführer einer Klinik-GmbH, dessen Vertrag wegen seines Alters nicht verlängert wurde, den Schutz des Diskriminierungsverbots aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gewährt. Das Urteil (Az.: II ZR 163/10) vom 23.4.12 überrascht nicht, wird aber wohl erhebliche Tragweite in den Unternehmen erlangen.
Der BGH hat in dem Beschluss des Aufsichtsrats, den Kläger nach dem Auslaufen seiner Bestellung nicht weiter als Geschäftsführer zu beschäftigen, eine Entscheidung über den Zugang zum Geschäftsführeramt gesehen, die nach § 6 Absatz 3 AGG diskriminierungsfrei getroffen werden muss. Dass dies nicht der Fall war und dem Geschäftsführer die Vertragsverlängerung wegen seines Alters versagt wurde, stand auf Grund von Aussagen des Aufsichtsratsgremiums gegenüber der Presse fest.
„Hätten die Aufsichtsräte die Gründe nicht publik gemacht, wäre dieses Indiz für eine Altersdiskriminierung nicht geschaffen worden“ so Ingrid Ohmann, Partnerin bei Hogan Lovells, „und der Fall hätte anders ausgehen können.“ Angesichts des bewiesenen Indizes für eine Altersdiskriminierung oblag es der Klinik nachzuweisen, dass andere Gründe als das Alter des Geschäftsführers für die Nichtverlängerung maßgeblich waren. Dies entspricht der vom BGH angewendeten Beweislastregel des § 22 AGG. Die Klinik behauptete, Leistungsschwächen des Geschäftsführers und nicht sein Alter seien entscheidungserheblich gewesen. Sie konnte diesen Nachweis aber nicht führen. „Um gegebenenfalls einen Entlastungsnachweis führen zu können, empfiehlt es sich für den Dienstgeber, die maßgeblichen anderen Gründe für eine Trennung, d. h. die Gründe, die nichts mit dem Alter des Geschäftsführers zu tun haben, nachvollziehbar und gründlich zu dokumentieren,“ so Ohmann.
Der BGH sah auch – anders als noch das Landgericht – keine der Voraussetzungen für eine nach § 8 oder 10 AGG erlaubte Altersdiskriminierung als erfüllt. Die Frage nach Schadensersatz und Entschädigung hat der BGH noch nicht entschieden, sondern insoweit ans Oberlandesgericht zurückverwiesen. Beim OLG hatte der Kläger Ersatz für immaterielle Schäden in Höhe von 110 000 Euro gefordert und letztlich 36 600 Euro (zwei Monatsgehälter) zugesprochen bekommen. Der EuGH fordert, dass Schadensersatz und Entschädigung in Diskriminierungsfällen so hoch sein müssen, dass sie abschreckend wirken. „Es bleibt abzuwarten“, so Rechtsanwältin Ohmann, „ob das OLG dieser Vorgabe folgt oder bei der bisher eher zurückhaltenden Linie der deutschen Gerichte bleibt.“
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