Urheberrechtsstreit – Berliner Kammergericht gibt Deutscher Digitalen Bibliothek recht
In einem Musterprozess zum so genannten Framing hat das Berliner Kammergericht am 18.6.18 in zweiter Instanz ein wegweisendes Urteil gefällt (Az.: 24 U 146/17). Die Richter kommen zu dem Schluss, dass eine Verwertungsgesellschaft die Erteilung von Nutzungsrechten an Vorschaubildern nicht davon abhängig machen darf, dass der Verwender dieser Bilder seine Website mit technischen Maßnahmen versieht, die es Dritten unmöglich machen, die Vorschaubilder per Frame in die eigene Website einzubinden.
In dem Verfahren stehen sich die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) und die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst (VG Bild-Kunst) gegenüber. Beide Seiten haben sich in konstruktiven Verhandlungen (fast) auf einen Lizenzvertrag verständigt, der es der DDB ermöglichen sollte, auf deren Portal auch Vorschaubilder einzelner, in deutschen Museen und Archiven zu findenden Werke anzuzeigen. Der Lizenzvertrag sollte zugleich auch den mit der DDB kooperierenden Kultur- und Wissenseinrichtungen Rechtssicherheit bieten. „Der letzte offene Punkt war und ist der von der VG Bild-Kunst geforderte Framingschutz“, erläutert Nils Rauer, Partner bei Hogan Lovells. Da hierzu keine Einigung erzielt werden konnte, verständigten sich beide Seiten auf eine richterliche Klärung dieser Rechtsfrage. Das Landgericht Berlin hatte in erster Instanz die Feststellungsklage der DDB abgewiesen, ohne sich mit dem Inhalt der Klage zu befassen. „Damit war aber keiner der beiden Seiten geholfen“, so der Experte für Gewerblichen Rechtsschutz weiter.
Darum geht es
Kern des Rechtsstreits ist die Frage, ob eine Verwertungsgesellschaft die Lizenzierung der von ihr treuhänderisch verwerteten Urheberrechte davon abhängig machen darf, dass der Lizenznehmer auf technische Weise verhindert, dass Dritte die angezeigten Inhalte per Frame verlinken. Nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Bundesgerichtshofs wie auch des Europäischen Gerichtshofs ist das Framing ebenso zu behandeln wie die einfache Verlinkung von Inhalten im Netz. Diese stellt dem Grunde nach keine urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung dar. Insbesondere ist der Tatbestand der öffentlichen Wiedergabe im Sinne des § 19a UrhG nicht erfüllt. Ausnahme: Der Link-Setzer macht den in Rede stehenden Inhalt – etwa ein Bild, ein Video oder einen Text – durch die Verlinkung einem neuen Publikum zugänglich. Dies ist beispielweise dann der Fall, wenn der Hyperlink eine Zugangssperre (z. B. eine Paywall) unrechtmäßig überwindet.
Die VG Bild-Kunst will hier Parallelen ziehen und argumentiert damit, dass die Einbindung eines Bildes per Frame wirtschaftlich betrachtet den Rechteinhaber ebenso um die Früchte seines Schaffens bringe wie das Kopieren des Bildes. Es könne daher kein „Recht auf Framing“ geben. Die DDB dagegen steht auf dem Standpunkt, dass Verwertungsgesellschaften einem Lizenzierungszwang unterliegen und nach § 34 VGG allein angemessene Bedingungen an die Erteilung einer Lizenz knüpfen dürfen. Die Forderung, ein Verhalten mittels – fraglos zusätzliche Kosten verursachender – technischer Maßnahmen zu unterbinden, sei dabei nicht angemessen.
Die Berliner Richter haben sich in ihrer Berufungsentscheidung weitestgehend den Argumenten der DDB angeschlossen und entschieden, dass ein solcher Framingschutz nicht gefordert werden darf. Die Richter haben allerdings angesichts der Bedeutung der Sache die Revision zugelassen. Der Bundesgerichtshof wird also voraussichtlich das letzte Wort haben. „Das von beiden Seiten bewusst als Musterprozess betriebene Verfahren hat ersichtlich weitreichende Bedeutung für die rechtliche Einordnung von Framing“, so Rauer. „Auch eine Vorlage beim Europäischen Gerichtshof scheint nicht ausgeschlossen. Es bleibt in jedem Falle spannend!“
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