FinTech – Ein bunter Strauß an Regulierung

FinTech, der Einsatz moderner Technologie bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen, ist in aller Munde. Dabei verbirgt sich hinter dem Schlagwort FinTech eine breite Vielfalt von Produkten und Dienstleistungen. Die Unterschiedlichkeit der Erscheinungsformen bedingt, dass es keinen einheitlichen Rechtsrahmen gibt, weder auf nationaler geschweige denn auf internationaler Ebene. Dies stellt die Akteure zunehmend vor Probleme, so dass nun auch die Europäische Kommission das Thema verstärkt in den Blick nimmt, weiß Christian Schmies, Partner bei Hengeler Mueller.

Produkte und Dienstleistungen, die unter dem Begriff FinTech zusammengefasst sind, betreffen so unterschiedliche Bereiche wie die Bereitstellung von Finanzierungen über das so genannte Crowdinvesting, technologie- bzw. algorithmusgestützte Vermögensverwaltung und Anlageberatung (Robo Advice), innovative Zahlungsformen wie das so genannte Mobile Payment und Cryptowährungen (z. B. Bitcoins). Dabei unterliegen die Produkte und Dienstleistungen von FinTech-Unternehmen ganz unterschiedlichen aufsichtsrechtlichen Anforderungen und Regularien. So sind für Angebote im Bereich Robo Advice vor allem die Erlaubnisanforderungen des Kreditwesengesetzes (KWG) sowie die Verhaltens- und Organisationspflichten des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) relevant, während die rechtlichen Rahmenbedingungen für Angebote im Bereich Zahlungsverkehr durch das just im Zuge der Zweiten Europäischen Zahlungsdiensterichtlinie (PSD II) im Wesentlichen durch das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) geprägt werden. Da die Erbringung von Bankgeschäften sowie Finanz- und Zahlungsdienstleistungen ohne die erforderliche Erlaubnis eine Straftat darstellt, bedarf das Produkt- bzw. Dienstleistungsangebot von FinTech-Unternehmen regelmäßig der eingehenden Prüfung, ob erlaubnispflichtige Tätigkeiten erbracht werden. Dies gilt auch, soweit sich Unternehmen mit Sitz im Ausland zielgerichtet an den deutschen Markt wenden.

Gesetzgebung hinkt Entwicklung hinterher
Die für FinTech-Unternehmen einschlägigen aufsichtsrechtlichen Bestimmungen sind typischerweise auch insofern „technologieneutral“, als sie an die Erbringung bestimmter Geschäftstypen (z. B. Kreditgeschäft, Anlageberatung) und nicht an eine bestimmte Art der Dienstleistung anknüpfen. Insofern ist das Prinzip des „same business, same risks, same rules” im Kern bereits in der Struktur des Bankaufsichtsrechts angelegt. Allerdings stellt die Tatsache, dass die gesetzlichen Regelungen der rasanten technologischen Entwicklung oft hinterherhinken, den Rechtsanwender oftmals vor große Herausforderungen, weil die relevanten gesetzlichen Bestimmungen nicht vor dem Hintergrund der Besonderheiten von FinTech entwickelt worden sind. So hatten weder der europäische noch der deutsche Gesetzgeber bei der Einführung der Anlageberatung als erlaubnispflichtige Tätigkeit im Jahr 2004 bzw. 2007 die Besonderheiten eines Robo Advisor vor Augen. Eine zusätzliche Komplexität ergibt sich daraus, dass sich FinTech oftmals auf einzelne Vorgänge im Rahmen der Abwicklung von Finanzdienstleistungen fokussiert, bei deren isolierter Erbringung zum Teil zweifelhaft sein mag, ob sie bereits den Tatbestand einer erlaubnispflichtigen Tätigkeit erfüllen. Die neuere Gesetzgebung reagiert dabei tendenziell mit einer Ausweitung der aufsichtsrechtlich erfassten Geschäftstypen, wie zuletzt die regulatorische Erfassung von Zahlungsauslösungs- sowie Kontoinformationsdiensten durch die ZAG-Novelle gezeigt hat.

Fokus (noch) auf nationaler Aufsicht
Die Finanzaufsichtsbehörden vieler Staaten, einschließlich der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), haben FinTech in jüngerer Zeit verstärkte Aufmerksamkeit gewidmet und sich dabei auch in unterschiedlicher Weise um die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen bemüht. So hat die BaFin zu mehreren FinTech-Geschäftsmodellen spezielle Merkblätter veröffentlicht, ein behördeninternes Netzwerk zur Kompetenzbündelung und Maßnahmen zur Erleichterung der Kommunikation zwischen FinTech-Unternehmen und BaFin geschaffen.

Ungeachtet der fortschreitenden Harmonisierung des Finanzaufsichtsrechts auf europäischer Ebene erfolgte die Fortentwicklung des Aufsichtsrechtsrahmens im Hinblick auf FinTech bis vor kurzem und mit Ausnahme vereinzelter europäischer Rechtsakte mit spezifischem FinTech-Bezug wie der PSD II im Wesentlichen auf nationaler Ebene. Auch eine einheitliche europäische Aufsichtspraxis in Bezug auf europarechtlich harmonisierte Geschäftstypen, wie z. B. der Anlageberatung im Hinblick auf FinTech ist bislang nicht gewährleistet.

In jüngster Zeit hat jedoch auch die EU-Kommission ihre Aktivitäten verstärkt und im März 2017 ihr Konsultationspapier „FinTech: a more competitive and innovative European financial sector“ veröffentlicht. Offenkundig erhofft sich die Kommission von FinTech unter anderem eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Binnenmarkts durch erhöhten Wettbewerb in der Finanzindustrie. Die Kommission erwägt in dem Konsultationspapier beispielsweise den Erlass von Leitlinien zur einheitlichen Behandlung von Geschäftsmodellen unter derzeitigem Europarecht sowie die Einführung neuer Erlaubnisregimes auf europäischer Ebene. Auch wenn ein europäischer Rechtsrahmen für FinTech noch weit entfernt ist, ist mit diesen Bemühungen jedoch absehbar, dass die EU-Kommission eine aktive Rolle bei der Entwicklung der regulatorischen Rahmenbedingungen für FinTech in der EU einnehmen wird.

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