Neue Haftungsregeln für Offshore-Netzanbindungen
Mit dem „Dritten Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften“ wurde zum 28.12.12 ein neues Haftungsregime für die Offshore-Netzanbindung in das Energiewirtschaftsrecht (EnWG) aufge-nommen. Die neuen §§ 17e bis g EnWG regeln, wer wem für eine verzögerte oder gestörte Anbindungsleitung in welchem Umfang haftet. Bis zum 27.12.12 konnte insoweit lediglich auf die allgemeine Regelung des § 32 III EnWG zurückgegriffen werden. Mit der neu eingeführten Entschädigungsregelung versucht der Gesetzgeber nicht zuletzt das Investitionsklima für Offshore-Anlagen zu verbessern. Einen Überblick gibt Maximilian Boemke, Counsel der Sozietät Ashurst*.
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§ 17e EnWG regelt die Entschädigungsansprüche des Betreibers einer Offshore-Anlage gegen den anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber. Der Betreiber erhält eine Entschädigung in Höhe von 90% der entgangenen EEG-Einspeisevergütung, wenn die Einspeisung aus der betriebsbereiten Anlage an mehr als zehn aufeinanderfolgenden Kalendertagen wegen einer Störung der Netzanbindung (Absatz 1), oder ab dem Zeitpunkt der Herstellung der Betriebsbereitschaft der Anlage, frühestens jedoch ab dem elften Tag nach dem verbindlichen Fertigstellungstermin wegen der nicht rechtzeitigen Fertigstellung der Anbindungsleitungen (Absatz 2) nicht möglich ist. Der gleiche Entschädigungsanspruch steht ihm zu, wenn keine Einspeisung aus einer betriebsbereiten Anlage an mehr als zehn Tagen im Kalenderjahr wegen betriebsbedingten Wartungsarbeiten an der Netzanbindung (Absatz 3) erfolgen kann. Allen Ansprüchen ist gemein, dass sie unabhängig davon bestehen, ob der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber die Störung zu vertreten hat.
Belastungsausgleich zwischen Netzbetreibern
Mit der Ausnahme vorsätzlichen Handelns berechtigt § 17f EnWG den anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber, seine durch die Entschädigungszahlungen i. S. d. § 17e I und II EnWG verursachten Kosten auf die nicht anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber umzulegen. Hat der Übertragungsnetzbetreiber fahrlässig gehandelt, trägt er an den auszugleichenden Kosten einen degressiv ausgestalteten Eigenanteil. Dieser unterliegt weder dem Belastungsausgleich noch findet er Berücksichtigung bei der Ermittlung der Netzentgelte. Die maximale Höhe des Eigenanteils ist auf 110 Mio. Euro begrenzt. Bei fahrlässiger, jedoch nicht grob fahrlässiger Verursachung des Schadens findet der Eigenanteil des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers eine Begrenzung auf 17,5 Mio. Euro je Schadensereignis. Wesentlich für die Praxis wird die gesetzliche Verschuldensvermutung sein. Danach wird vermutet, dass zumindest grobe Fahrlässigkeit des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers vorliegt, soweit der Betreiber einer Offshore-Anlage einen Schaden auf Grund der nicht rechtzeitigen Herstellung oder der Störung der Netzanbindung erleidet.
Weitergabe an die Letztverbraucher
§ 17f EnWG regelt in den Absätzen 1 und 5 bis 7 die Weitergabe der dem Belastungsausgleich unterliegenden Kosten für geleistete Entschädigungszahlungen auf die Letztverbraucher. Die Höhe der Umlage wird in § 17f V 2 bis 4 EnWG für das Jahr 2013 auf einen Höchstwert je Verbrauchergruppe begrenzt. So darf sich für Strombezüge aus dem Netz für die allgemeine Versorgung an einer Abnahmestelle bis 1 Mio. Kilowattstunde im Jahr das Netzentgelt für Letztverbraucher durch die Umlage höchstens auf 0,25 Cent pro Kilowattstunde, für darüber hinausgehende Strombezüge um höchstens 0,05 Cent pro Kilowattstunde erhöhen. Für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes, deren Stromkosten im vorangegangenen Kalenderjahr 4% des Umsatzes überstiegen, ist die Erhöhung für über 1 Mio. Kilowattstunden hinausgehende Lieferungen auf 0,025 Cent/kWh begrenzt.
Fazit
Immer wieder hatten die anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber die bestehenden Regelungen und die daraus folgenden Risiken im Hinblick auf das Haftungsregime für verspätete Netzanbindungen gerügt (z. B. im vielbeachteten „TenneT-Brandbrief“ aus dem November 2011). Mit der Neuregelung hat der Gesetzgeber den Unsicherheiten Rechnung getragen und bestehende Investitionshemmnisse beseitigt. Potenzielle Netzinvestoren können nun deutlich besser die Risiken einschätzen, die mit der Anbindungsverpflichtung verbunden sind. Wichtige Forderungen der Übertragungsnetzbetreiber wurden damit erfüllt. Auch für die Investoren von Offshore-Windparkprojekten bleibt das Risiko aus den Haftungsregelungen kalkulierbar. Der Spagat zwischen den Interessen ist insoweit gelungen. Vor diesem Hintergrund ist der Vorschlag des Bundesumweltministers Peter Altmaier vom 28.1.13 zur Einführung einer Strompreissicherung im EEG besonders bedauerlich. Da insbesondere im Offshore-Bereich lange Zeiträume zwischen Investitionsentscheidung und Inbetriebnahme bestehen, fürchten viele potenzielle Investoren um die Rentabilität ihrer Investitionen. Es bleibt zu hoffen, dass eine Neuregelung des EEG dieser Befürchtung mit entsprechenden Übergangsfristen Rechnung trägt.
* in Zusammenarbeit mit Melanie Liebert, wiss. Mitarbeiterin
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