Kopftuchverbot im Job? Ein klares „Jein“!
Der EuGH hat in zwei aufsehenerregenden Urteilen über die Wirksamkeit von Kopftuchverboten durch private Arbeitgeber entschieden. In beiden Fällen wurde muslimischen Arbeitnehmerinnen wegen des Tragens eines Kopftuches gekündigt. Die Unternehmen haben sich auf interne Regelungen bzw. eine Kundenbeschwerde berufen. Insbesondere der verhandelte Fall aus Belgien (EuGH, Urteil vom 14.3.17, Az.: C-157/15) ist mit der Aufstellung interner Regelungen hinsichtlich des Tragens religiöser Zeichen beachtenswert. Benjamin Onnis, Rechtsanwalt bei der Wirtschaftskanzlei FPS, diskutiert die Auswirkungen des EuGH-Urteils auf das deutsche Arbeitsrecht.
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Interne Unternehmensregeln auf dem Prüfstand
Im konkreten Fall war eine muslimische Arbeitnehmerin als Rezeptionistin für ein privates Unternehmen tätig, das Bürodienstleistungen für Dritte erbringt. Im Unternehmen gilt eine interne Regel, wonach Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Arbeitsplatz keine sichtbaren Zeichen ihrer politischen, philosophischen oder religiösen Überzeugungen tragen durften. Die Arbeitnehmerin widersetzte sich dem Verbot, indem sie aus Glaubensgründen ein Kopftuch am Arbeitsplatz trug, und erhielt daraufhin eine Kündigung.
Der EuGH hat nun entschieden, dass durch die unternehmerische Regelung keine unmittelbare Benachteiligung vorlag. Schwieriger war für den EuGH jedoch die Frage zu beantworten, ob nicht eine mittelbare Diskriminierung durch das Verbot des Arbeitgebers anzunehmen war. Diese liegt vor, wenn ein neutrales Verbot tatsächlich dazu führt, dass Personen, etwa mit einer bestimmten Religion, in besonderer Weise benachteiligt werden. Eine mittelbare Diskriminierung ist dabei nicht anzunehmen, wenn sie durch ein rechtmäßiges Ziel gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich waren. Der EuGH stellt fest, dass der Wunsch eines Arbeitgebers, den Kunden ein Bild der Neutralität zu vermitteln, zur unternehmerischen Freiheit gehört und somit grundsätzlich als rechtmäßig anzusehen ist. Angemessen und erforderlich ist die Umsetzung dann, wenn nur Arbeitnehmer von dem Verbot einbezogen werden, die mit Kunden in Kontakt treten sollen. Zur Angemessenheit zählt der EuGH auch, dass das Verbot gleichsam gegenüber allen Arbeitnehmern verschiedener religiöser Überzeugungen durchgesetzt wird.
Auswirkungen auf das deutsche Arbeitsrecht
Die Feststellungen des EuGH sind auch im deutschen Arbeitsrecht zu beachten. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist eine nationale Umsetzung der europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien. Da die Diskriminierungsbegriffe auf den Definitionen der EU-Richtlinien beruhen, sind sie auch unionsrechtsautonom auszulegen. Somit werden deutsche Arbeitsgerichte den Feststellungen des EuGH folgen.
Bezüglich der Aufstellung interner Verbote des Arbeitgebers mit Blick auf politische oder religiöse Zeichen ist somit Folgendes zu beachten: 1) Das Verbot nur bestimmter politischer oder religiöser Zeichen ist unzulässig. 2) Auch wenn der EuGH ein Verbot mit der Unternehmensfreiheit begründet, ist genau zu prüfen, für welche Mitarbeiter das Verbot gelten soll. Haben Arbeitnehmer beispielweise keinen Kontakt zu Kunden oder Dritten, ist ein Verbot nicht erforderlich. 3) Das Verbot darf nicht nur gegenüber bestimmten Arbeitnehmern durchgesetzt werden, sondern muss für alle Mitarbeiter gelten.
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