Digitaler Binnenmarkt nimmt Konturen an
"„Durch die Schaffung eines vernetzten digitalen Binnenmarkts könnten wir während der Amtszeit der neuen Kommission ein zusätzliches Wachstums von bis zu 250 Mrd. Euro erzielen“, mit diesem Satz ist Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker 2014 angetreten. Am 6. Mai 2015 veröffentlichte die Europäische Kommission dann ihre Strategie für einen digitalen Binnenmarkt. Dass dies ein Mammut-Projekt sein würde, war bereits seinerzeit klar. Mittlerweile sind wir zwei Jahre – gleichbedeutend mit 22 öffentlichen Konsultationen und nicht minder vielen Gesetzesinitiativen – weiter. Die Kommission hat unlängst für den 10. Mai 2017 eine Mid-term Review angekündigt. Zeit also, um ein erstes Resümee zu ziehen, findet Nils Rauer, Partner bei Hogan Lovells International in Frankfurt."
Gleiche Rahmenbedingungen für alle
Und dieses fällt erfreulich positiv aus. Wenn auch nicht alles im Zeitplan ist, so kommt die Kommission doch in allen drei Säulen der digitalen Reform voran. Diese besteht aus 1. der Verbesserung des Online-Zugangs für Verbraucher und Unternehmen zu Waren und Dienstleistungen in ganz Europa, 2. der Schaffung der richtigen Bedingungen für florierende digitale Netze und Dienste und 3. der bestmöglichen Ausschöpfung des Wachstumspotenzials unserer europäischen digitalen Wirtschaft.
Vieles wurde hier inzwischen angepackt. So hat die Kommission etwa einen Verordnungsentwurf zur grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhalten erarbeitet. Ein weiterer Entwurf betrifft die (partielle) Gleichstellung von Internetübertragungen mit Kabel- und Satellitensendungen. Dem ungerechtfertigten Geo-Blocking, der regionalen Sperrung von Internetinhalten durch den Anbieter, wurde der Kampf angesagt und ein Aktionsplan Mehrwertsteuer verabschiedet. Internetnutzer sollen zu denselben Konditionen Online-Shopping betreiben können, egal mit welcher IP-Adresse sie surfen. Auch ein umfassendes Gesetzespaket zur Reform des europäischen Urheberrechts wurde vorgelegt. Dieses enthält neue Erlaubnistatbestände, etwa für Text und Data Mining, bringt aber auch neue Monitoring-Verpflichtungen für Plattformbetreiber. Für den Telekommunikationssektor wurde ein so genanntes „Connectivity Package“ geschnürt. Herzstück ist ein neuer Kodex für die elektronische Kommunikation in Europa. Im Januar 2017 folgte zudem ein „Data Economy Package“ zum freien Datenfluss innerhalb der EU.
Europa wächst digital zusammen
Die meisten Gesetzesinitiativen stecken derzeit im Trilog, also den Verhandlungen zwischen Rat der Europäischen Union, Parlament und Kommission. Die ersten Verordnungen und Richtlinien sollen aber bereits Ende diesen oder Anfang näch sten Jahres in Kraft treten. Der digitale Binnenmarkt wird also real. Die große Fülle der gesetzlichen Änderungen wird Unternehmen wie Verbraucher vor Herausforderungen stellen. Für eine gewisse Zeit wird Rechtsunsicherheit herrschen, was künftig erlaubt ist und was nicht. Eines aber ist klar: Zumindest digital wird Europa weiter zusammenwachsen. Gut so!
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