Haftungsfalle M&A: Verkäufer muss aufklären
Wer sein Unternehmen verkauft, ist verpflichtet, den Käufer ungefragt über etwaige Mängel aufzuklären. Unterlässt er dies, drohen weitreichende Konsequenzen, erläutert Michael Wiehl, Leiter der Transaktionspraxis von Rödl & Partner. Zwar besteht für einen Verkäufer keine primäre Aufklärungspflicht, wenn der Käufer auf Grund eigener Recherchen und Untersuchungen zu einer Fehleinschätzung kommt. Allerdings hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt, dass der Käufer ungefragt über solche Umstände aufgeklärt werden muss, die den Vertragszweck gefährden bzw. vereiteln können.
Denn damit haben sie für seinen Entschluss ausschlaggebende Bedeutung, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten konnte. Nach dem BGH ist hierbei ein objektiver Maßstab anzusetzen: Muss ein verständiger Verkäufer damit rechnen, dass der verschwiegene Mangel Einfluss auf die Entscheidung, insbesondere die Kaufpreisfindung, hat? Laut BGH sind insbesondere folgende Umstände für einen Käufer wesentlich und lösen daher eine Informationspflicht aus: 1.) Fehlen einer wesentlichen behördlichen Genehmigung, 2.) Entfallen von 40% des vorher üblichen Wartungsumsatzes durch Kündigungen kurz vor Vertragsschluss, 3.) Offenlegung sämtlicher Verbindlichkeiten bei finanziell angespannter Lage, insbesondere, wenn diese erst in ihrer Gesamtheit die Insolvenzreife der Gesellschaft begründen, 4.) Erwirtschaftung von Verlusten in vergangenen Geschäftsjahren und Schwierigkeiten hinsichtlich der Ertragslage bzw. drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Zielunternehmens.
„Eine gesteigerte Aufklärungs- und Sorgfaltspflicht besteht – unabhängig von einer möglicherweise vorhandenen besonderen Sachkenntnis des Käufers – hinsichtlich von Informationen, die normalerweise nur der Verkäufer geben kann“, so Wiehl. „Hierbei muss jede Information zutreffend und richtig sein, insbesondere Umsatzzahlen sind korrekt anzugeben.“ Keine Aufklärungspflicht besteht, wenn Mängel im Rahmen einer Besichtigung ohne Weiteres auch für den Käufer erkennbar sind. „Für anderweitige Möglichkeiten der Kenntnisnahme, insbesondere durch Übergabe von Unterlagen, ist dies nur gerechtfertigt, soweit der Verkäufer die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer die Unterlagen als Grundlage seiner Kaufentscheidung überprüft“, so Wiehl.
Ein Verstoß gegen die Aufklärungspflichten kann zu Schadensersatzansprüchen des Käufers gegen den Verkäufer bis hin zur Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung führen. „Im Zweifel ist der Verkäufer daher gut beraten, von sich aus den Käufer auf offensichtlich relevante Umstände hinzuweisen“, erläutert Wiehl. „Es reicht nicht, auf die Haftungsbeschränkungen im Kaufvertrag zu vertrauen. Bei vorsätzlichem Handeln würden sie ohnehin nicht greifen.“
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