Energiewende 2014 – eine rechtliche Zwischenbilanz
Die Energierechtsgruppe der Anwaltssozietät Clifford Chance hatte am 10.9. zusammen mit den Stadtwerken Düsseldorf zum 14. Düsseldorfer Energierechtstag geladen. Rd. 300 Vertreter von Unternehmens-, Banken-, Behörden- und Verbandsseite folgten der von den Clifford Chance-Anwälten Peter Rosin und Professor Ulrich Büdenbender geleiteten Veranstaltung. Sie diskutierten den Stand der Energiewende und zogen eine Zwischenbilanz aus rechtlicher Sicht. Diese fiel durchaus gespalten aus, wie Clifford Chance-Partner Thomas Burmeister berichtet.
Büdenbender verwies darauf, dass zum einen der bisherige Verlauf der Umsetzung der Energiewende eher durch Aktionismus als durch die Schaffung innovativer, präziser, neuer rechtlicher Rahmenbedingungen gekennzeichnet ist. Dies gilt zum Beispiel für das EEG 2014. Zum anderen sind die wesentlichen Schritte hin zu einem neuen Energiemarktdesign noch nicht angegangen worden. So sind keine nennenswerten Aktivitäten im Zusammenhang mit der Schaffung eines Kapazitätsmarktes zu erkennen; zudem kommt der Stromleitungsbau nur schleppend voran. Schließlich lassen die bisherigen Aktivitäten des Gesetzgebers einen Trend hin zur nationalen Abschottung und zur „Kleinstaaterei“ erkennen, anstatt den von der EU vorgegebenen Weg der Vollendung des europäischen Energie-Binnenmarktes zu fördern, so Büdenbender.
Ein positiveres Bild zeichnete der Vizepräsident der Bundesnetzagentur, Peter Franke, indem er auf die bereits erzielten Fortschritte bei der Umsetzung der Energiewende verwies. Zusammen mit dem Leiter Regulierungsmanagement von RWE, Andreas Böwing, verdeutlichte er die praktischen Herausforderungen der Energiewende aus Sicht der Netzregulierung. Nach einer Zusammenfassung der aktuellen Rechtsprechung durch den Vorsitzenden Richter am OLG Düsseldorf Wiegand Laubenstein und den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof (BGH) a. D. Wolfgang Ball diskutierten die Experten die jüngste Novellierung des Vertriebsrechts für Strom- und Gasversorger in Form der Grundversorgungsverordnung. Heiner Bruhn, Ministerialrat im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, stellte den Entwurf der Verordnung vor, der für die Branche von grundlegender Bedeutung sein wird, wenn es dadurch gelingt, die so sehr benötigte Rechtssicherheit im Bereich der Ausgestaltung von Energielieferverträgen herzustellen. Breiten Raum nahm das auch kommunalpolitisch brisante Thema der Konzessionsvergabe ein. Hierzu stellte Felix Engelsing, Vorsitzender der 8. Beschlussabteilung des Bundeskartellamts, die Sicht seiner Behörde dar, wie sie auch jüngst in verschiedenen grundlegenden Entscheidungen des BGH Niederschlag gefunden hat. In Deutschland werden in den nächsten Jahren viele der Konzessionsverträge für Strom- und Gasnetze auslaufen. Selbst sehr kleine Gemeinden erwägen Neugründungen von Stadtwerken, weil sie sich von der Übernahme der Strom- und Gasnetze im jeweiligen Gemeindegebiet attraktive Renditen versprechen. Die Schwierigkeiten, aber auch finanziellen Risiken beim Netzbetrieb bleiben dabei häufig jedoch unberücksichtigt. Der BGH hat diesen Trend seit Dezember 2013 etwas abgeschwächt, indem er klargestellt hat, dass die kommunale Wegevergabe nicht zum Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie gehört und damit der rechtlichen Kontrolle unterliegt. Außerdem hat er Kriterien definiert, anhand derer eine Vergabeentscheidung zu erfolgen hat. Denn bis dato waren zahlreiche Kommunen bei der Vergabe ihrer Strom- und Gaskonzessionen so verfahren, dass die Vergabe an das eigene neu gegründete Stadtwerk erfolgte. Die Übernahme von regionalen Strom- und Gasverteilernetzen auch durch kleinste kommunale Unternehmen kann aber kein Selbstzweck sein. Es geht nicht darum, dass die regionale Infrastruktur in „kommunale Hand“ gelangt bzw. bleibt, sondern um die Schaffung effizienter und sinnvoller Strukturen beim Netzbetrieb (und auch bei der Energieversorgung). Eine Anpassung des gesetzlichen Rahmens, dem die (Re)-Kommunalisierung Pate steht und in dem er letztlich selbst die Gründung von Ministadtwerken fördert, ist dem alles andere als dienlich.
Zum Schluss der Veranstaltung stellte Volker Hoppenbrock, Regierungsrat im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, die komplexen Regelungen des jüngst in Kraft getretenen novellierten EEG vor. In der anschließenden Diskussion zwischen Hoppenbrock mit Clifford Chance-Anwalt Guido Hermeier wurde deutlich, dass zeitnah eine weitere Regelung und Fortentwicklung des Rechtsrahmens erforderlich sein wird. Mit der EEG-Novelle ist der Systemwechsel nur angekündigt, aber nicht vollzogen worden. Das EEG 2014 ist wie seine Vorgänger primär darauf ausgerichtet, kurzfristig den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien zu verlangsamen und einen rasanten Anstieg der EEG-Umlage zu vermeiden. Umfang und Komplexität der diskutierten Themen zeigen, dass die Herausforderungen der Energiewende noch lange nicht bewältigt sind.
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