Banken – IVV und Koalition setzen neue Maßstäbe
Nach ihrem Inkrafttreten am 4.8.17 hat die neue Institutsvergütungsverordnung (IVV) viele Fragen aufgeworfen (s. a. PLATOW Recht v. 6.9.17). Die von der BaFin am 15.2.18 veröffentlichte Auslegungshilfe zur IVV ist von der Praxis daher lange erwartet worden. Außerdem haben CDU/CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass der Kündigungsschutz von Risikoträgern eingeschränkt werden soll. Sascha Morgenroth und Cornelius Ziegler von DLA Piper geben einen Überblick über die aktuellen arbeitsrechtlichen Entwicklungen für Finanzinstitute.
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Die IVV unterscheidet nunmehr klar zwischen fixer und variabler Vergütung. Danach ist eine Vergütung als variabel anzusehen, sofern sie nicht als fix eingeordnet werden kann. Dies ist von Bedeutung, da für variable Vergütungsbestandteile deutlich strengere Anforderungen gelten (z. B. Bonus-Caps). Die BaFin fordert in ihrer Auslegungshilfe, dass Institute die Vergütungskomponenten als fixe oder variable Vergütung einordnen. Die Institute müssen in ihrer Vergütungspolitik vorab eindeutige, objektive und transparente Kriterien zur Abgrenzung festlegen. Garantierte variable Vergütungen etwa entsprechen nach der BaFin grundsätzlich nicht einem angemessenen Risikomanagement und dem Prinzip leistungsgerechter Vergütung. Sie sind daher nur ausnahmsweise bei Aufnahme des Arbeitsverhältnisses (sog. Sign-On-Bonus) und längstens für das erste Jahr der Beschäftigung zulässig.
Abfindungen als variable Vergütung
Abfindungen sind, da sie nicht dauerhaft gewährt werden, nunmehr grundsätzlich als variable Vergütung einzuordnen. Die Institute müssen als Bestandteil ihrer Organisationsricht-linien ein Rahmenkonzept zur Festlegung und Genehmigung von Abfindungen vorsehen. Dieses Konzept muss die Bestimmung eines Höchstbetrags umfassen. Nur ausnahmsweise können Abfindungen als fixe Vergütung behandelt werden. Dies gilt u. a. für Abfindungen, auf die ein gesetzlicher Anspruch besteht, für Sozialplanabfindungen (jedoch grundsätzlich nicht für freiwillige oder Rahmensozialpläne), für Abfindungen auf Grund rechtskräftiger Urteile oder Prozessvergleiche sowie für Abfindungen zur Abwendung unmittelbar „drohender““ (nach BaFin allerdings nur bereits anhängiger) Gerichtsverfahren. Das Gleiche gilt für Karenzentschädigungen für die Dauer eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, soweit die Zahlungen die ursprünglich geschuldete Fixvergütung nicht überschreiten. Höhere Beträge sind als variable Vergütung für den letzten Bemessungszeitraum zu berücksichtigen.
Herausforderung durch Clawback
Für bedeutende Institute (u. a. ab einer Bilanzsumme von 15 Mrd. Euro) gelten besondere Vergütungsanforderungen. Insbesondere müssen sie bereits ausgezahlte variable Vergütungen von Risikoträgern unter bestimmten Voraussetzungen zurückfordern (sog. Clawback). Dies ist etwa geboten, wenn der Risikoträger maßgeblich an einem Verhalten beteiligt bzw. für ein Verhalten verantwortlich ist, das zu erheblichen Verlusten geführt hat. Diese teils unbestimmten Rechtsbegriffe hat die BaFin in ihrer Auslegungshilfe konkretisiert. Ein „erheblicher Verlust““ soll danach etwa bei einem Verlust von wenigstens 1% des Eigenkapitals des Instituts anzunehmen sein. Für eine „maßgebliche Beteiligung““ muss ein „tatsächliches Näheverhältnis des Risikoträgers (Kompetenz bzw. Entscheidungsgewalt)““ zum eingetretenen Verlust bestehen. Die weitere Auslegung bleibt den Arbeitsgerichten überlassen. Eine Pflichtverletzung oder ein Verschulden des Risikoträgers ist jedenfalls nicht erforderlich.
An die wirksame arbeitsvertragliche Umsetzung von Clawback-Klauseln stellt das AGB-Recht hohe Transparenzanforderungen. Daher empfiehlt sich in der Praxis, den Wortlaut der einschlägigen Vorschrift in die arbeitsvertragliche Regelung zu übernehmen und mit Fallbeispielen aus der Auslegungshilfe zu ergänzen. Bei bereits bestehenden, IVV-widrigen Verträgen haben die Institute nach der BaFin lediglich darauf hinzuwirken, diese einvernehmlich anzupassen. Entsprechende Änderungskündigungen dürften dagegen arbeitsrechtlich kaum erfolgreich durchsetzbar sein.
Geplante Einschränkung des Kündigungsschutzes
Die Regierungskoalition hat, um den Standort Deutschland für Finanzinstitute vor dem Hintergrund des Brexit attraktiver zu gestalten, vereinbart, Risikoträger kündigungsschutzrechtlich leitenden Angestellten gleichzustellen. Dies soll für Risikoträger gelten, deren regelmäßige Grundvergütung das Dreifache der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung (2018 West: 234 000 Euro) beträgt. Risikoträger erfahren damit eine erhebliche Einschränkung des Kündigungsschutzes. Institute sollen künftig die Möglichkeit haben, diese Arbeitsverhältnisse trotz einer ansonsten sozialwidrigen Kündigung durch eine Abfindungszahlung (max. 18 Monatsgehälter) aufzulösen. Dies erscheint vor dem Hintergrund des grundrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht unproblematisch, sofern diese nicht über selbstständige Einstellungs- und Entlassungsbefugnisse verfügen. Dennoch dürften entsprechende Regelungen auch für Risikoträger im Versicherungs- und Kapitalverwaltungsbereich zu erwarten sein.
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