Investigations – Transparenz ist oberstes Gebot

Gerät ein Unternehmen ins Visier der Staatsanwaltschaft, stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, Anwälte mit einer internen Untersuchung zu beauftragen und mit der ermittelnden Staatsanwalt zu kooperieren. Was beispielsweise in den USA schon länger gängige Praxis ist, stößt bei deutschen Strafverfolgungsbehörden bisweilen auf Vorbehalte. Worauf Unternehmen bei internen Untersuchungen achten sollten, erläutern Lukas Ritzenhoff und Julia Rost, Anwälte der Kanzlei Hengeler Mueller.

 In vielen Fällen bietet sich die Kooperation basierend auf einer internen Untersuchung an und kann sowohl für die Staatsanwaltschaften als auch für die betroffenen Unternehmen sinnvoll sein. Einerseits ist es möglich, die Dauer des Ermittlungsverfahrens zu verkürzen, wenn Ergebnisse einer internen Untersuchung der ermittelnden Behörde zur Verfügung gestellt werden. Andererseits kann die Behörde dieses so genannte Nachtatverhalten bei der Bußgeld- oder Strafbemessung berücksichtigen. Für eine erfolgreiche Kooperation ist es erforderlich, dass die interne Untersuchung den Anforderungen der ermittelnden Behörde genügt. Dabei spielt Transparenz eine wesentliche Rolle: Das betroffene Unternehmen und seine Rechtsberater sollten offen mit den Strafverfolgungsbehörden umgehen und Umfang sowie Grenzen der Kooperation kommunizieren.

In den USA entspricht es der gelebten Praxis und Erwartungshaltung des Department of Justice, dass ein Unternehmen im Falle strafrechtlicher Ermittlungen eine interne Untersuchung mithilfe externer Rechtsanwälte durchführt und dass die Rechtsanwälte (mündlich) über den Stand der internen Untersuchung berichten. Damit deutsche Strafverfolgungsbehörden bereit sind, sich auf eine Kooperation in Anlehnung an das amerikanische Modell einzulassen, muss die interne Untersuchung professionell aufgesetzt sein. Hier ist von entscheidender Bedeutung, dass keine individuellen oder institutionellen Ermittlungshindernisse bestehen. Daher muss z. B. Vorsorge getroffen werden, dass vorbefasste Personen Ergebnisse nicht verfälschen. Die Prozesse und Schritte im Rahmen der internen Untersuchung müssen nachvollziehbar sein und einer späteren Überprüfung standhalten.

Mögliche Konflikte rechtzeitig erkennen
Bei international agierenden Unternehmen ist es heute üblich, dass sich Ermittlungsbehörden in verschiedenen Staaten für dieselben Vorgänge interessieren. Hier ist die internationale Koordination der zentrale Erfolgsfaktor. Für deutsche Unternehmen muss sichergestellt werden, dass die Heimatbehörden nicht den Eindruck gewinnen, dass beispielsweise amerikanische Behörden einseitig bevorzugt werden. Ein weiterer Punkt mit Konfliktpotenzial ist das so genannte Legal Privilege nach US-Recht: Danach unterliegen Arbeitsprodukte von Rechtsanwälten sowie Unterlagen, die mit der Rechtsberatung zusammenhängen, dem Anwaltsgeheimnis. Das hat zur Folge, dass sie im Rahmen von Sammelklagen in den USA nicht offengelegt werden müssen. Dazu gehören neben der E-Mail-Kommunikation mit Anwälten auch die Notizen, die Anwälte über Befragungen im Rahmen interner Untersuchungen anfertigen. Gäbe man diese Unterlagen freiwillig an deutsche oder andere Ermittlungsbehörden heraus, liefe man Gefahr, dass dies als so genannter Schutzverzicht (Privilege Waiver) gewertet wird. Dies hätte den Verlust der Privilegierung zur Folge, sodass die Unterlagen auch US-Sammelklägern zur Verfügung gestellt werden müssen.

In Deutschland sind derartige Unterlagen in der Vergangenheit von Staatsanwaltschaften beschlagnahmt worden. Anlässlich der Durchsuchung in der deutschen Zweigstelle einer amerikanischen Großkanzlei in München im Zusammenhang mit einer internen Untersuchung wird nun das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden, welche Grenzen bestehen, wenn Unterlagen aus internen Untersuchungen beschlagnahmt und in einem Strafverfahren verwertet werden sollen.

Untersuchungsschritte dokumentieren
Dieser Fall wirft einmal mehr die Frage auf, ob es für die Kooperation mit deutschen Strafverfolgungsbehörden bei internen Untersuchungen eines Gesetzes bedarf, das präzise Regelungen für diese Zusammenarbeit enthält. Dagegen spricht, dass interne Untersuchungen durch die professionellen Standards von Rechtsanwälten gebunden sind. Um diesen Standards gerecht werden zu können, muss die interne Untersuchung gut dokumentiert werden: Dies umfasst eine Rahmenunterlage (Terms of Reference), in der der Gegenstand der Untersuchung und die Untersuchungsschritte festgehalten werden, so genannte eDiscovery-Protokolle, die das Einsammeln, Auswerten und Übermitteln der Unternehmensdaten und damit zusammenhängende datenschutzrechtliche Fragen klar regeln sowie einen Befragungsprozess, in dem involvierte Mitarbeiter von Anfang an einen persönlichen Zeugenbeistand haben. Den Schutz, den die deutsche Strafprozessordnung den Zeugen und Beschuldigten bietet, kann eine interne Untersuchung auch nicht aushebeln. Kurz gesagt: Eine transparente und professionell aufgesetzte interne Untersuchung kann bei den Strafverfolgungsbehörden genau das Vertrauen schaffen, das für eine erfolgreiche Zusammenarbeit nötig ist.

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