„Es spricht viel dafür, dass der Markt wieder anspringt“

Auch 2012 kam der M&A-Markt nicht richtig in Schwung, die politischen wie ökonomischen Unsicherheiten lassen Unternehmen trotz prall gefüllter Kriegskassen nur zögerlich in Kaufverhandlungen eintreten. Im kommenden Jahr könnte sich das Blatt wenden, vorausgesetzt einige wichtige Weichen in der Eurorettung werden richtig gestellt. PLATOW Recht hat mit Christoph Louven, Leiter der deutschen M&A-Praxis bei Hogan Lovells, über vorhandene Chancen und sich wandelnde Anforderungen an die Beratungspraxis gesprochen.

2012 stand ganz im Zeichen der Euro-Krise. Nicht gerade das ideale Umfeld für den M&A-Markt.

Das stimmt, auch im fünften Jahr nach Beginn der globalen Finanzkrise ist der Markt noch weit von seinem Vorkrisenniveau entfernt. In diesem Jahr haben wir noch rund ein Drittel der Dealaktivitäten im Vergleich zu 2007 gesehen. Trotzdem herrscht unter den großen global tätigen Unternehmen ein großes Interesse an Akquisitionen. Interessanterweise – und da setzt sich ein Trend fort, den wir im vergangenen Jahr bereits beobachten konnten – weniger durch grenzüberschreitende Transaktionen als vielmehr durch Zukäufe in heimischen Märkten bzw. bei internationalen Unternehmen in Märkten, in denen das zukaufende Unternehmen bereits in irgendeiner Form präsent ist. Hinzu kommt, dass die meisten Unternehmen über gut ausgestattete Kriegskassen verfügen und auch davon ausgehen, Zukäufe zu vernünftigen Preisen durchführen zu können. Denn auch die Verkäuferseite hat mittlerweile erkannt, dass das 2007er-Niveau mittelfristig nicht mehr zu erreichen ist und hat ihre Preisvorstellungen entsprechend angepasst. Alle diese Rahmenbedingungen sprechen eigentlich dafür, dass der M&A-Markt wieder anziehen müsste. Das passiert momentan allerdings noch sehr zurückhaltend, weil viele Unternehmen die politische und ökonomische Unsicherheit spüren.

Mit welcher Entwicklung rechnen Sie 2013?

Nach meiner Einschätzung sollte der globale M&A-Markt wieder anspringen, vorausgesetzt einige Unsicherheiten werden durch positive Signale gemildert. Chancen sehe ich auch für den deutschen Markt, der im internationalen Vergleich durchaus liberal ist, was ihn zu einem sehr attraktiven Zielmarkt macht. So ist beispielsweise gerade das deutsche Arbeitsrecht, das häufig als Hürde genannt wird, im Vergleich zu anderen kontinentaleuropäischen Staaten aus Investorensicht nicht mehr so abschreckend. In jedem Fall sind Investitionen mit Blick auf verlässliche Tarifpartner und eine moderate Lohnentwicklung sehr berechenbar. Wir werden sicher keine Explosion bei den Dealaktivitäten erleben, aber doch zumindest einen leichten Anstieg gegenüber 2012.

Wie hat sich denn im Zuge der Krise die rechtliche Beratungspraxis verändert?

Wir haben in der Boomzeit und auch noch kurz danach die Tendenz gesehen, dass Unternehmen häufig im Rahmen von Bieterverfahren verkauft wurden. Ein Verkäufer stellte sein Unternehmen quasi ins Schaufenster, schrieb mögliche Interessenten an und schuf so einen regelrechten Wettstreit unter den Bietern. Das erleben wir heute deutlich seltener. Viel häufiger werden zwar Bieterverfahren angekündigt, im Vorfeld jedoch schon ausgelotet, wer für die Zielgesellschaft in Frage kommen könnte. Manchmal werden auch gezielt strategische Investoren angesprochen, mit denen dann zunächst exklusiv verhandelt wird. Zum einen minimiert das für den Verkäufer den Aufwand, zum anderen ist aber auch der Pool an möglichen Interessenten kleiner geworden, da z. B. einige Private-Equity-Fonds zurückhaltender investiert haben. Gleichzeitig stellen wir aber auch fest, dass viele strategische Investoren, die sich früher auf diese Bieterverfahren eingelassen haben, heute ebenfalls eher die exklusive Verhandlung suchen. Sie sind häufig nicht mehr bereit, in ein Bieterverfahren zu investieren, bei dem sie eventuell am Ende gar nicht zum Zuge kommen.

Sind die Käufer vorsichtiger geworden?

Ja. Das kann man z. B. daran sehen, dass die verhandelten Haftungshöchstgrenzen heute tendenziell wieder höher liegen. Die Due Diligence wird deutlich fokussierter angelegt, der Stellenwert von Compliance nimmt zu. Der Käufer schaut sich genau an, welche Compliance-Strukturen im Zielunternehmen bereits verankert sind.

Weniger Deals bedeuten für Transaktionskanzleien auch weniger Geschäft. Sehen Sie das als Problem oder hat sich das Geschäft nur verlagert?

Ich denke, dass die Kanzleien gut aufgestellt sind, die nicht nur reines M&A-Geschäft anbieten, sondern dieses mit einer Expertise in bestimmten – meist regulierten – Bereichen verbinden können. Besonders glücklich sind dann die Kanzleien, die dort Expertise aufweisen, wo momentan die höchsten Dealaktivitäten zu sehen sind, wie z. B. im Energiesektor. Kritisch würde es für das M&A-Geschäft der Kanzleien meiner Meinung nach aber erst dann, wenn wir nicht mehr von einer zyklischen Entwicklung ausgehen könnten, es also keine Hoffnung auf Besserung mehr gibt. Diese Entwicklung sehen wir aktuell aber nicht, auch wenn wir uns vermutlich mit einem generell geringeren Niveau anfreunden müssen.

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