Auskunftspflichten gegenüber BaFin haben Grenzen

Ende vergangenen Jahres hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die anwaltliche Schweigepflicht durch Auskunftspflichten gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eingeschränkt sein kann (Urteil vom 18.12.2011; Az.: 8 C 24.10). Die konkrete Entscheidung betraf Auskunftspflichten nach dem Kreditwesengesetz, enthält aber weiterführende Erkenntnisse, die für die Zusammenarbeit zwischen Rechtsanwälten und der BaFin auch im Bereich des Wertpapierhandelsrechts, des Prospektrechts und des Übernahmerechts von Bedeutung sind. Einen Überblick gibt Mirko Sickinger, Partner bei Heuking Kühn Lüer Wojtek.

Das Bundesverwaltungsgericht hält Anwälte nach dem Kreditwesengesetz für auskunftspflichtig, sofern ein konkreter Verdacht der Geldwäsche besteht. Die in der Bundesrechtsanwaltsordnung geregelte, umfassende Verschwiegenheitsverpflichtung des Rechtsanwalts umfasse zwar grundsätzlich alles, was dem Anwalt in Ausübung seines Berufes bekannt wird. Diese Pflicht des Rechtsanwalts bestehe jedoch nicht uneingeschränkt: Schon nach der Berufsordnung für Rechtsanwälte gelte sie dann nicht, wenn andere Rechtsvorschriften Ausnahmen zuließen. Zu diesen Vorschriften zählen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht nur solche, die die anwaltliche Schweigepflicht ausdrücklich einschränken, sondern auch allgemeine, nicht berufsspezifische Vorschriften, somit auch etwa die Regelungen des Kreditwesengesetzes.

In diesem Zusammenhang stellt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass das Auskunftsverlangen der BaFin auch im Hinblick auf die grundrechtlich verankerte Berufsfreiheit der Rechtsanwälte verfassungskonform sei. Ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit der Anwälte liege nicht vor. Das Auskunftsverlangen sei vielmehr durch das Interesse an der Integrität des Kredit- und Finanzmarktes, an der Stabilität des Finanzsystems und zum Schutz der Allgemeinheit und des einzelnen Anlegers vor unseriösen Angeboten auf dem Finanzmarkt gerechtfertigt. Ein Vorgehen gegen den Anwalt sei aber immer dann unverhältnismäßig, wenn als milderes Mittel die Inanspruchnahme des Mandanten selbst möglich ist. Dieses Vorgehen schied in der vorliegenden Konstellation aus, da der Mandant der BaFin nicht bekannt war, und auch vom Rechtsanwalt während des Verfahrens nicht benannt wurde.

Konsequenzen für die Zusammenarbeit mit der BaFin

Die Überlegungen des Bundesverwaltungsgerichts zum Schutz von Kredit- und Finanzmärkten im Sinne eines Schutzes der Allgemeinheit wie auch einzelner Anleger sind durchaus auf die kapitalmarktrechtliche Tätigkeit von Rechtsanwälten zu übertragen. Gerade im Kapitalmarktrecht sind die Befugnisse der BaFin daran ausgerichtet, die Integrität des Finanzmarktes sicherzustellen und Anlegerschutz, jedenfalls im Sinne eines Schutzes der Allgemeinheit, zu gewährleis-ten. Welche Auskunftspflichten Rechtsanwälte gegenüber der BaFin haben, bestimmt sich vor diesem Hintergrund nach den Regelungen des Prospektrechts, des Wertpapierhandelsrechts und des Übernahmerechts.

Die Befugnisse der BaFin im Zusammenhang mit der Erstellung von Wertpapierprospekten sind in § 26 WpPG (bish. § 21 WpPG, geänd. m. W. v. 1.6.12) geregelt. Da Rechtsanwälte jedoch nicht zu dem in § 26 Absatz 2 und 3 WpPG ausdrücklich aufgezählten Personenkreis zählen, kommt eine Auskunftspflicht in diesem Zusammenhang nicht in Betracht.

Pflichten im Wertpapierhandel

§ 4 Absatz 3 Satz 1 WpHG enthält die Befugnis der BaFin, von „jedermann“ Auskünfte und die Vorlage von Unterlagen zu verlangen, soweit es zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des Wertpapierhandelsrechts z. B. im Zusammenhang mit Ad-hoc-Mitteilungen, Insiderinformationen und Directors’ Dealings, erforderlich ist. Grundsätzlich unterfallen also auch Anwälte dem Anwendungsbereich dieser Vorschrift. Allerdings ist in § 4 Absatz 3 Satz 3 WpHG normiert, dass gesetzliche Auskunftsverweigerungsrechte – wozu auch die anwaltliche Schweigepflicht zählt – unberührt bleiben. Hier ist also ausdrücklich ein Vorrang der beruflichen Verschwiegenheitspflicht vor dem Auskunftsverlangen der BaFin geregelt.

Abwicklung von Übernahmeangeboten

Ähnliches gilt für die Befugnisse der BaFin im Zusammenhang mit der Einhaltung der Ge- und Verbote des Übernahmerechts: § 40 Absatz 1 Satz 1 WpÜG regelt die Befugnisse der BaFin, von „jedermann“ Auskunft sowie die Vorlage von Unterlagen zu verlangen. Gemäß § 40 Absatz 1 Satz 3 WpÜG bleibt die berufliche Verschwiegenheitspflicht von dieser Regelung jedoch unberührt. Auch hier ist also der Vorrang der anwaltlichen Schweigepflicht ausdrücklich anerkannt.

Fazit

Es droht somit wohl zunächst keine Ausweitung der Auskunftspflichten von Rechtsanwälten auf die Zusammenarbeit mit der BaFin im Kapitalmarktrecht. Der Gesetzgeber hätte es aber in der Hand, die Eingriffsbefugnisse der BaFin gegenüber Juristen auszuweiten, da die Ausnahmen zugunsten der Anwälte im Wertpapierrecht keinen verfassungsrechtlichen Schutz genießen. Im Prospektrecht und im Übernahmerecht werden typischerweise die Mandanten des Anwalts bekannt sein, so dass sich die BaFin vorrangig an diese zu halten hat.

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