Tätigkeit im Home-Office

Im Zeitalter der zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung von Arbeitsprozessen stehen viele Arbeitgeber vor der Herausforderung, junge Talente zu rekrutieren und dauerhaft an sich zu binden. Um den Interessen der Arbeitnehmer nach mehr Flexibilität und einer verbesserten Work-Life-Balance gerecht zu werden, müssen Arbeitgeber kreative Lösungen anbieten. In Ergänzung zu verschiedenen Arbeitszeitmodellen bieten Unternehmen ihrer Belegschaft vermehrt die Möglichkeit, auch von zu Hause aus zu arbeiten. Die Home-Office Tätigkeit wirft dabei zahlreiche Rechtsfragen auf, die im Folgenden von Matthew Devey und Peter Gumnior von Linklaters erläutert werden. 

Home-Office Tätigkeiten sind aus dem heutigen Arbeitsleben kaum wegzudenken. Arbeitnehmer sehen durch das Arbeiten von zu Hause Einsparungen von Zeit sowie Fahrkosten und erhoffen sich dadurch eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Umfragen im Jahr 2015 haben ergeben, dass ca. 53% der Betriebe in Deutschland mit über 500 Beschäftigten die Möglichkeit bieten, mindestens teilweise von zu Hause zu arbeiten. Bei Betrieben unter 500 Beschäftigten sind es knapp ein Drittel. Unter Angestellten sind es mit 31% rund ein Drittel der Beschäftigten, die zumindest gelegentlich im Home-Office arbeiten; davon 35% Männer und 24% Frauen.

Kein Anspruch auf Home-Office: Es besteht grundsätzlich kein Anspruch des Arbeitnehmers auf einen Home-Office Arbeitsplatz. Diesbezüglich bedarf es – sofern keine kollektivrechtliche Abrede im Betrieb besteht – einer individuellen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Vorsicht ist allerdings vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes geboten. Gewährt der Arbeitgeber mehreren Arbeitnehmern die Möglichkeit, vollständig oder zumindest teilweise von zu Hause zu arbeiten, erhöht dies die Wahrscheinlichkeit, dass andere Arbeitnehmer unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz ebenfalls eine zumindest teilweise Tätigkeit im Home-Office verlangen. Kann allerdings ein Arbeitnehmer aus persönlichen Gründen die geschuldete Tätigkeit nicht mehr am ursprünglichen Einsatzort erbringen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, ihn an einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen, soweit dies rechtlich zulässig und dem Arbeitgeber zumutbar ist. Dies kann grundsätzlich auch die Zuweisung eines Home-Office Arbeitsplatzes umfassen, soweit der Arbeitnehmer dies konkret verlangt.

Einführung des Home-Offices: In der Praxis sollte die Gewährung und Ausgestaltung der Home-Office Tätigkeit stets in einer schriftlichen Vereinbarung festgehalten werden. Relevante Punkte wie zum Beispiel Anforderungen an den Arbeitsplatz, Schutz vertraulicher Daten und Informationen (insbesondere Passwörter), Aufwendungsersatz (Kosten des Arbeitszimmers, Büroausstattung, Telefon- und Faxkos-ten) sollten ausführlich geregelt werden.

Aufhebung des Home-Offices: Im Wege des Direktionsrechts ist ein Entzug des gewährten Arbeitsplatzes durch den Arbeitgeber nicht möglich. Notwendig ist ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht in der einzelvertraglichen Home-Office Vereinbarung. Auf Grund des Umstandes, dass es sich bei dieser Vereinbarung häufig um allgemeine Geschäftsbedingungen handeln wird, darf der Entzug der Home-Office Tätigkeit den Arbeitnehmer weder unangemessen benachteiligen, noch intransparent sein. Es muss eine Abwägung der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen stattfinden. Daher sollten zumindest beispielhaft die möglichen Gründe für den Entzug in der vertraglichen Abrede über das Home-Office genannt werden. 

Beteiligung des Betriebsrats: Sofern ein Betriebsrat im Unternehmen besteht, ist zu beachten, dass die Gewährung und der Entzug der Home-Office Tätigkeit in der Regel eine mitbestimmungspflichtige Versetzung darstellt, d. h. der Betriebsrat ist über die Maßnahme zu unterrichten und dessen Zustimmung einzuholen. Allerdings bedarf es Letzterer nach dem Wortlaut des Gesetzes nur in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern. Die fehlende Zustimmung des Betriebsrats hat nach der vom Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung vertretenen Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung zur Folge, dass die Versetzung unwirksam ist. Sofern der Betriebsrat die Zustimmung zum Entzug der Home-Office Tätigkeit verweigert, darf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer somit bis zur endgültigen Klärung des Rechtsstreits den Home-Office Arbeitsplatz nicht versagen. 

Weitere rechtliche Themen: Eine Leistungs- und Verhaltenskontrolle gestaltet sich bei heimbasierter Arbeit deutlich schwieriger als bei direkt im Betrieb ausgeübten Tätigkeiten. Sofern eine Überwachung durch eine technische Einrichtung in Erwägung gezogen wird, sind vor allem die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats sowie die datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu beachten. Ferner sollte sichergestellt werden, dass auch bei der Arbeit am heimischen Schreibtisch alle Geschäftsunterlagen vor dem Einblick durch Dritte (auch Familienmitglieder) geschützt sind. Um dies zu überprüfen, ist dem Arbeitgeber ein Zugangsrecht zur Wohnung zu gewähren. 

Rechtliche Fragen stellen sich ferner bei Arbeitsunfällen im Home-Office. Hier greift der Versicherungsschutz nur dann, wenn der Ort, an dem sich der Unfall ereignete, den Betriebszwecken wesentlich gedient hat. Entscheidend ist somit, ob die konkrete Tätigkeit, bei der der Unfall geschehen ist, den Betriebszwecken zugeordnet werden kann. Eigenwirtschaftliche Tätigkeiten genügen nicht.

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