Neuer Ansatz des OLG Köln in Sachen Lehman-Zertifikate

"Als erstes Obergericht hat das Oberlandesgericht Köln in einem jüngst ergangenen Urteil entschieden, dass sich Banken schadensersatzpflichtig machen, wenn sie ihren Kunden Fremdprodukte aus eigenem Bestand empfehlen, ohne dabei ausdrücklich auch auf ihre Eigenschaft als Verkäuferin hinzuweisen (Az.: 13 U 55/10 vom 8.6.11). "

Banken hätten die Pflicht, ihre Kunden in einem solchen Fall unmissverständlich zumindest auf ihre – neben der Beraterrolle bestehende – Verkäufereigenschaft und dem daraus folgenden Interessenkonflikt hinzuweisen. Nur so könne der Kunde das mit dem Verkauf von Produkten typischerweise bestehende Umsatzinteresse der beratenden Bank erkennen.

In dem konkreten Fall hatte der Bankkunde im Februar 2007 auf Empfehlung seines Bankberaters Lehman-Zertifikate zu einem Gesamtbetrag von 22 000 Euro erworben. Die Zertifikate sind nach der Insolvenz der US-Investmentbank Lehman-Brothers wertlos. In dem Verfahren konnte die Bank nicht darlegen, dass sie den Kunden im Beratungsgespräch ausreichend über ihre Verkäufereigenschaft aufgeklärt hatte. So sah es das Oberlandesgericht Köln als nicht ausreichend an, dass in dem Gespräch von einem festen Kaufpreis und Erträgen der Bank „aus dem Verkauf“ die Rede gewesen sein soll. Ein durchschnittlicher Anleger könne hieraus nicht sicher ableiten, dass im konkreten Fall gerade die ihn beratende Bank der Verkäufer ist und nicht der Emittent.

„Das Oberlandesgericht Köln verfolgt in diesem Fall wie auch schon in einem Parallelverfahren aus Mai 2011 einen völlig neuen und tragenden Ansatz bei der rechtlichen Aufarbeitung der Veräußerung von Lehman-Zertifikaten“, erläutert der Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Martin Wolters von der Kanzlei mzs Rechtsanwälte die Bedeutung des Urteils. Indem das Oberlandesgericht bereits einen Beratungsfehler annimmt, wenn die Bank ihre Kunden nicht ausreichend über ihre Verkäufereigenschaft aufklärt, kommt es nicht mehr auf die in der Rechtsprechung äußerst umstrittene Frage an, ob die Bank bei Festpreisgeschäften über erzielte Gewinnmargen aufklären muss, so der Rechtsanwalt weiter. Nun bleibt abzuwarten, ob auch andere Gerichte den Ansatz des Oberlandesgerichts Köln aufgreifen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Oberlandesgericht Köln hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

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