Türkei – Ritt auf dem Tiger
Wer das jüngste Statement der türkischen Notenbank TCMB mit der kürzlich veröffentlichten Einschätzung der Vor-Ort-Mission des IWF im Zuge der Artikel IV-Konsultationen vergleicht, reibt sich die Augen. Die Diagnosen sind weitgehend identisch. Die Inflation ist aus dem Ruder und in den zweistelligen Bereich gelaufen, das Leistungsbilanzdefizit legt trotz der Exportzuwächse weiter zu, weil der Import noch schneller steigt und die ganze Volkswirtschaft mit einer positiven Outputlücke (realisiertes BIP > Potenzial) in die Überhitzung abgleitet, angetrieben von starken expansiven geld- und finanzpolitischen Impulsen durch Kreditprogramme und Steueranreize. Soweit ist die Lage klar.
Doch während die unter Erdogans autokratischer Fuchtel stehenden Währungshüter den einfachen Schluss „Nichtstun“ ziehen, finden die IWF-Analysten ebenso deutliche wie bislang vergeblich Worte: Sie sprechen ganz offen über die Notwendigkeit, die Zinsen bald und kräftig zu erhöhen, um die aus dem Gleichgewicht geratenen Türkei zu stabilisieren. Die zuletzt auf 10,2% gestiegene Inflation (0,99% im Monatsvergleich) wird in den nächsten Monaten nur kurzfristig von Basiseffekten gebremst und bei unveränderter Politik zum Jahresende hin eher bei 12% denn 10% ankommen. Längst befeuern sich Inflation und Lira-Abwertung gegenseitig in einem selbstverstärkenden Zirkel.
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