Momentum-Strategie im Portrait
Bei der als Hauptbaustein (50% Depotgewichtung) ausgewählten Aktien-Momentum-Strategie handeln wir ganz konkret Endlos-Knock-out-Scheine auf Einzelaktien, so wie wir das bislang auch überwiegend gemacht haben.
Die Auswahl der Werte basiert in Zukunft aber nicht mehr auf unseren persönlichen Analysen, sondern auf dem „Relative Stärke Ranking“, das Sie ab sofort immer auf der Seite 1 von PLATOW Derivate finden. In dieser Rangliste werden sämtliche Aktien (aktuell 102) aus dem HDAX (enthält alle Werte aus DAX, MDAX und TecDAX) absteigend nach dem so genannten RSL-Indikator (Relative Stärke nach Levy) sortiert.
Dabei wird die aktuelle Notierung (Schlusskurs des Vortages) einer jeden Aktie durch ihren durchschnittlichen Kurs der vergangenen 130 Tage geteilt. Je höher dieser Wert ausfällt, desto besser steht die Aktie im Ranking dar. Für alle Leser, die sich den Indikator lieber bildlich in einem Aktienchart vorstellen wollen: Die Kennzahl zeigt den prozentualen Abstand der Aktie von ihrem gleitenden Durchschnitt der vergangenen 130 Tage („130-Tage-Linie“) an. Das „Relative Stärke Ranking“ dient zur Orientierung, wie sich die Aktien im vergangenen Halbjahr geschlagen haben. Ganz oben in der Liste stehen die Gewinner-Aktien der Vergangenheit. Die relative Stärke gilt als guter Indikator dafür, dass sich genau diese Aktien auch in naher Zukunft überdurchschnittlich gut entwickeln werden. Zu diesem Thema gibt es mittlerweile etliche Untersuchungen, die den Vorteil einer solchen Momentum-Strategie gegenüber klassischen Index-Investments belegen. Wir haben uns sehr detailliert damit auseinandergesetzt und letztlich entschieden, diesen Ansatz auch bei uns anzuwenden.
Die Top-10 kommen uns Depot
Gerade weil es schon so viele Studien dazu gibt, können und wollen wir die „Momentum-Welt“ nicht neu erfinden. Wir haben zwar einige uns spannend erscheinende Ansätze ausprobiert, sind zum Schluss aber doch bei einem vom Grundsatz her bereits bekannten und bewährten Ansatz geblieben. Konkret kaufen wir bei passendem Marktumfeld aus der Rangliste von Platz 1 an runter bis zu zehn Werte. Umgesetzt wird das mit Produkten, die einen Hebel von ca. 2 haben und beim Einstieg jeweils mit ca. 5% gewichtet werden sollen. Falls es am Markt nur Papiere mit höherem Hebel gibt, wird der Depotanteil entsprechend reduziert. Voraussetzung für eine Depotaufnahme ist allerdings, dass der RSL-Wert der Aktie größer als 1,05 ist und der RSL-Wert des HDAX insgesamt über 1,00 liegt. Damit wollen wir verhindern, dass wir in übergeordneten Abwärtstrends auf steigende Kurse spekulieren.
Durch diese Zusatzbedingungen konnten die Ergebnisse vor allem beim maximalen Drawdown deutlich verbessert werden. Das gilt auch für die Filter, die es beim Ausstieg zu beachten gilt. Verkauft wird der Schein immer dann, wenn die Aktie aus den Top-20 der Rangliste fällt oder ihr RSL-Wert unter 0,95 sinkt. Zudem erwägen wir Teilverkäufe, sobald einzelne Werte oder der Strategie-Baustein an sich ein so hohes Gewicht erlangen, dass dies unter Risikogesichtspunkten nicht mehr zu rechtfertigen ist. Rutscht der HDAX unter einen RSL-Wert von 0,95 werden zudem automatisch alle Positionen der Momentum-Strategie verkauft (100% Cash).
Einmal die Woche wir alles überprüft
Um die Zahl der auf Dauer kostenintensiven Transaktionen nicht ausufern zu lassen, erstellen wir die Rangliste im wöchentlichen Rhythmus. Umschichtungen sind bei der Momentum-Strategie daher wie o.a. auch nur einmal pro Woche (in der Regel am Mittwochmorgen) möglich. Im Backtest kam es in den knapp 15 Jahren insgesamt zu rund 600 Trades, was einem Schnitt von 40 pro Jahr entspricht. In manchen Phasen (gerade wenn das Depot nach einer Auszeit komplett neu bestückt werden muss) wird es deutlich mehr sein, in anderen Phasen wird sich dagegen kaum etwas tun. Im Jahr 2012 etwa hätte es 74 Trades in der Momentum-Strategie gegeben, während es im Crash-Jahr 2008 (dank der Filter) nur zehn gewesen wären. Die durchschnittliche Haltedauer entsprach 41 Handelstage (entspricht gut 8 Wochen). Gut ein Drittel aller Positionen wäre länger als diese 8 Wochen (in der Spitze rund ein Jahr) gehalten, andere Trades dafür schon nach einer Woche wieder aufgelöst worden.
Wie bei solchen Strategien üblich, müssen Sie sich wohl oder übel mit einer Trefferquote von rund 40% anfreunden. Von zehn Trades werden im Schnitt also wahrscheinlich sechs im Minus enden. Dafür fiel das durchschnittliche Plus bei den Gewinner-Trades im Backtest aber auch fast dreimal so hoch aus wie das Minus bei den Verlust-Trades. In der Summe ergibt sich so ein klar positiver Erwartungswert für diese Strategie. Sie sehen daran aber auch, dass es wirklich wichtig ist, immer alle Empfehlungen nachzuvollziehen. Wenn Sie sich einzelne Trades raussuchen, besteht aufgrund der relativ geringen Trefferquote die große Gefahr, dass Sie am Ende die richtig großen Gewinner-Trades verpassen. Genau das darf bei diesen Strategien aber nicht passieren, wenn Sie von den angesprochenen Renditechancen wirklich profitieren wollen.
Ein großer Vorteil der regelbasierten Momentum-Strategie ist, dass wir relativ häufig die echten Highflyer-Aktien erwischen werden, bei denen viele Anleger im Nachhinein sagen „Wäre ich da doch mal eingestiegen“. Oftmals sind das Aktien, die nach Ansicht der Mehrheit schon „zu weit gelaufen“ ist, um „jetzt noch einzusteigen“. Und dann geht es doch immer weiter nach oben. Im vergangenen Jahr wäre Wirecard so ein Beispiel gewesen, wo nach dem schon sehr imposanten Kursanstieg laut Regelwerk im Mai der Einstieg und Mitte Oktober der Ausstieg erfolgt wäre. Die Aktie konnte in diesen gut fünf Monaten noch mal um fast 50% zulegen. In der Backtest-Historie finden sich zahlreiche solcher Trades.
Wie Sie im Chart sehen, werden wir Aktien (über die Scheine) so gut wie nie ganz unten kaufen und ganz oben verkaufen. Das gelingt aber ohnehin keinem Anleger dauerhaft. Mit der Momentum-Strategie ist es aber möglich, trotz des oft etwas „verspäteten“ Einstiegs ein gutes Stück einer dynamischen und auch mal „übertriebenen“ Aufwärtsbewegung mitzunehmen, ohne danach durch zu langes Festhalten an der Position alle Gewinne wieder abzugeben.
Rein psychologisch wird es manchen Lesern vielleicht schwer fallen, immer wieder in bereits gut gelaufene Werte einzusteigen. Auf Dauer hat sich das in der Vergangenheit (und zwar weit über den Zeitraum unserer Backtests hinaus) aber nachweislich gelohnt. Auch deshalb macht es gerade bei dieser Strategie absolut Sinn, nach festen Regeln zu handeln und die persönlichen Emotionen außen vor zu lassen. Im aktuellen Umfeld wird das Depot bezogen auf die Momentum-Strategie erst einmal unbesetzt bleiben. Mitte Oktober hat der HDAX an einem Dienstag mehr als 5% unter seinem 130-Tage-Durchschnitt geschlossen. Sie erkennen das entscheidende Niveau an der roten Linie, die parallel zur blauen 130-Tage-Linie verläuft und einfach um 5% nach unten verschoben ist. Bevor wir aus dem „Relative Stärke Ranking“ wieder Aktien für die entsprechenden Long-Spekulationen auswählen können, muss der HDAX an einem Dienstag über der (momentan allerdings täglich fallenden) blauen Linie schließen. Oder anders: Der aktuell bei gut 0,92 stehende RSL-Wert des HDAX muss über 1,00 steigen.
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