Untergang des Autolands

Längst vorbei sind die Zeiten, als die Spitzen der Politik und die Vorstandschefs der großen Autohersteller einträchtig und stolz die Innovationskraft der deutschen Vorzeigebranche priesen. Seit dem von VW ausgelösten Diesel-Skandal ist der Ton zwischen Politik und Autoindustrie merklich rauer geworden. Die Wut der Autofahrer, die wegen überhöhter Abgaswerte und Diesel-Fahrverboten um die Restwerte ihrer Fahrzeuge bangen, hat die Politik zu einer härteren Gangart gegenüber den Herstellern veranlasst.

Strengere EU-Grenzwerte für CO2 und das neue Abgastest-Verfahren (WLTP) sollen VW, BMW und Daimler zwingen, endlich saubere Autos zu bauen. Auf der Zuliefererbörse in Wolfsburg hat VW-Chef Herbert Diess jetzt zurückgekeilt und eine düstere Prognose abgegeben. Aus heutiger Sicht stünden die Chancen vielleicht bei 50:50, dass die deutsche Autoindustrie in 10 Jahren noch zur Weltspitze gehört, orakelte Diess. In „bisher unbekannter Hast“ übten sich die Regulatoren darin, der Autobranche neue Technikvorgaben zu machen, die „unsere Industrie an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit bringt“. Dabei witterte der VW-Lenker sogar einen existenzbedrohenden „Feldzug“ gegen das Auto und eine „beinahe hysterische“ Stickoxiddiskussion um wenige Problemzonen in den großen Städten, die sich in den nächsten Jahren jedoch „fast von selbst auflösen“ werden. Die E-Mobilität sieht Diess dabei keineswegs als Allheilmittel für saubere Luft in den Städten. Denn angesichts des weiterhin hohen CO2-Anteils in der deutschen Stromproduktion könnte ein stark wachsender Anteil an E-Fahrzeugen die Umweltbilanz eher noch verschlechtern. Mit seinem Frontalangriff auf die Politik zielt Diess aber vor allem auf den durch schärfere CO2-Grenzwerte beschleunigten Strukturwandel in der Autoindustrie. Würde der CO2-Ausstoß um 40% gedrückt, müsste 2030 bereits die Hälfte der Autos rein elektrisch fahren, rechnet Diess vor. Angst habe er vor dem Strukturwandel und dem damit verbundenen Arbeitsplatzabbau nicht, bekundete der VW-Chef, entscheidend sei jedoch die Geschwindigkeit, um diesen Umbauprozess sozialverträglich abfedern zu können.

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