EU-Kartellwächter unter Feuer
Nicht nur beim Umgang mit dem Brexit bekommt die EU aktuell Gelegenheit, zu beweisen, wie flexibel sie auf Herausforderungen reagiert. Bis zum 18.2. will Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestagher über den geplanten Zusammenschluss der Siemens-Bahnsparte mit Alstom entscheiden. Beide Konzerne sind Industrieikonen in ihren Ländern. Siemens-Chef Joe Kaeser und sein Alstom-Pendant Henri Poupart-Lafarge finden in Berlin bzw. Paris immer ein offenes Ohr. Das zeigen die letzten Äußerungen des Sprechers von Emmanuel Macrons, der eine Ablehnung der Fusion durch die EU in dieser Woche als wirtschaftlichen Irrtum und politischen Fehler bezeichnete. Berlin hält sich öffentlich zurück, wird aber von beiden Häusern ebenfalls als Stütze wahrgenommen.
Siemens bereitet sich auf ein Veto vor, da geforderte neue Zugeständnisse schon technisch nicht möglich seien, wie es hinter den Kulissen heißt. Die eigene Bahnsparte stehe aber auch solo glänzend da und man habe weitere Optionen, wozu bei Siemens schon immer IPOs gehört haben (s. PLATOW v. 9.1.). Ähnliches ist von Alstom zu hören. Gleichzeitig haben beide aber die Hoffnung wohl noch nicht ganz aufgegeben und erwarten politische Rückendeckung. Immerhin würden die Kartellwächter mit einem Veto einen Deal ablehnen, der Europas Industrie nach dem Vorbild Airbus stärken würde. Dass Kunden, Konkurrenten wie die angeschlagene Bombardier, mit der Siemens zuvor verhandelt hatte, und die Kartellbehörden einiger Länder (u.a. Deutschland) gegen die Fusion sind, überrascht nicht. Um den Preis eines in Europa abnehmenden Wettbewerbs würde aber nach dem Motto „Europe first“ ein globaler Champion geschaffen, der es mit dem doppelt so großen chinesischen Eisenbahnriesen CRRC aufnehmen könnte. Der hatte zuletzt in Nordamerika bei Ausschreibungen von U- und Straßenbahnen bis hin zu Hochgeschwindigkeitszügen alles gewonnen, was es zu gewinnen gab.
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