Luxusgüter kennen keinen Krisenmodus
Die Verbraucherstimmung hat sich wegen hoher Inflationsraten eingetrübt. Sowohl GfK-Konsumklima als auch Michigan Consumer Sentiment haben Rekordtiefs erreicht. Dem Luxusgütermarkt scheinen die steigenden Energie- und Lebensmittelpreise im 1. Hj. jedoch nichts ausgemacht zu haben. Wir haben zwei Unternehmen näher durchleuchtet.

Mit einer Marktkapitalisierung von rd. 320 Mrd. Euro ist LVMH der größte Luxusmarkenanbieter in Europa. Von Modebekleidung und Lederwaren (48% Umsatzanteil) über Uhren und Schmuck (14%) sowie Parfüms (10%) bis hin zu Wein und Spirituosen (9%), decken die Franzosen mit ihrem Portfolio einen breiten Teil der Konsumgüterlandschaft ab. LVMH setzt auf eine Mehrmarkenstrategie: 75 Marken gehören zum Konzern, u. a. Louis Vuitton, Moët, Hennessy und Christian Dior.
Der Vorteil dieser Ausrichtung ist, dass abwanderungswillige Konsumenten innerhalb der eigenen Markenwelt aufgefangen werden können. Eine hohe Preissetzungsmacht sichert zudem starke Bruttomargen (2021: 68%). Allerdings erfordert die Strategie einen erhöhten Marketingaufwand (34% vom Umsatz), weshalb unterm Strich nur eine Nettomarge von 18% realisiert wird.
Alle Marken im Dachverbund haben gemein, dass sie eine zahlungskräftige Käuferschicht ansprechen. Das macht die Erlösströme weniger zyklisch, denn diese Kunden reagieren weniger sensitiv auf Preissteigerungen oder Wirtschaftsabschwünge. Zwischen 2016 und 2021 konnten die Erlöse mit Ausnahme des coronageplagten Jahres 2020 in jedem Jahr im Schnitt um 11% (EPS: +25% p. a.) gesteigert werden. Auch die Hj.-Zahlen sind einmal mehr ordentlich: Der Umsatz stieg um 28% (org. 21%) auf 37,7 Mrd. Euro, die EBIT-Marge verbesserte sich um 130 bps. auf 27,9%. Die Aktie (638,80 Euro; FR0000121014) wird mit einem 2022er-KGV von 23 bewertet, womit sie mittig im historischen Bewertungsband (16 bis 32) handelt. Angesichts des erwarteten EPS-Zuwachses von 17% p. a. bis 2024 sehen wir noch Luft nach oben. Fundamental überzeugen uns zudem der geringe Schuldenstand von 0,6x EBITDA sowie eine Dividendenrendite von immerhin 2%.
Langfristige Investoren steigen bei LVMH noch ein. Stopp weiterhin bei 532,00 Euro.
Der in Krefeld geborene Thierry Hermès war ursprünglich im Sattlerwesen tätig und hat 1837 die Handwerkskunst mit der Gründung des Luxuskonzerns in die gehobene Lederverarbeitung übertragen. Lederwaren und Pferdegeschirr machen das Gros der Erlöse (43%) aus und bis heute setzt das Unternehmen bei Design und Herstellung auf handwerkliche Nuancen. So stellt ein einziger Handwerker die jeweilige von der Oberschicht geschätzte Handtasche her. Wartezeiten von zwei Jahren sind daher keine Seltenheit, sondern die Regel.
Diese Exklusivität steigert den Markenwert. 2021 landete Hermès hinter Louis Vuitton und Chanel auf Rang drei der weltweit wertvollsten Luxusmarken. Das spiegelt sich ähnlich wie bei LVMH in einer hohen Bruttomarge von 71% (2021) wider. Allerdings ist Hermès im Vergleich zum Wettbewerber deutlich profitabler (EBIT-Marge: 39%; Nettomarge: 27%), was an der Einzelmarkenausrichtung des Familienunternehmens (rd. 66% der Anteile sind im Familienbesitz) und dem einhergehenden geringeren Marketingaufwand (24% vom Umsatz) liegen dürfte.
Im 1. Hj. konnte bei der EBIT-Marge mit 42% ein neuer Rekordwert erzielt werden. Die dauerhaft höhere Profitabilität rechtfertigt ein im Peergroup-Vergleich höheres 2022er-KGV von 43 (historisch: 30 bis 55) für die Aktie (1 227,00 Euro; FR0000052292). Angesichts der erwarteten EPS-Zuwachsraten von 16% ist das kein Schnäppchen. Dafür sitzt das Luxusunternehmen auf einer Netto-Cashposition und erzielt eine deutlich höhere Kapitalrendite (ROCE: 32%) als LVMH (17%).
Wir steigen bei Hermès ein. Stopp: 884,50 Euro.