Barry Callebaut: Zwischen Kakaopreisschock und Transformation
Auf dem Börsenparkett hat der Schokozulieferer Barry Callebaut binnen drei Jahre über die Hälfte an Wert verloren. Wir haben mit Analyst Andreas von Arx gesprochen, worauf es bei der Aktie jetzt ankommt.

Die Kakaopreise sind binnen weniger Jahre explodiert. Dabei hatte der Preissprung sowohl für Schokoladenhersteller als auch -zulieferer massive Folgen: Seit dem Rekordhoch 2022 ist der Börsenwert von Barry Callebaut um über die Hälfte eingebrochen. Ein Leser bat uns daher um eine Einschätzung zum größten Schweizer Zulieferer industrieller Schokolade mit einem globalen Marktanteil von 30%.
Laut Andreas von Arx, langjähriger Aktienanalyst bei Baader Helvea in Zürich, sei die SIX Swiss-Aktie (930,00 CHF; CH0009002962) aktuell eine Wette auf drei zentrale Faktoren: „Eine Wette auf niedrige Kakaopreise, eine Wette auf eine erfolgreiche Transformation und eine Wette auf stabile Nachfrage.“
Aufgrund von Dürren, Pflanzenkrankheiten und Schmuggel in Westafrika, das für 60 bis 70% der Kakaoproduktion steht, schoss der Kakaopreis je Tonne von rund 2.000 britischen Pfund (GBP) auf bis zu 10.000 Pfund im Jahr 2024. Heute liegt der Kakaopreis bei knapp 6.000 GBP.
Belastungsprobe fürs Geschäftsmodell
Barry Callebaut arbeitet mit einem „Cost-Plus“-Modell: Marken wie Hershey’s, Nestlé oder Mondelez zahlen Rohstoffpreise plus fixe Margen. „Das Modell funktioniert gut – solange die Volumen stabil bleiben.“, führt Andreas von Arx aus. Egal ob der Kakaopreis steigt oder fällt: Die Marge pro Tonne bleibe gleich. „Steigt der Preis jedoch zu stark, reagieren Hersteller, indem sie etwa die Packungsgrößen reduzieren oder den Kakaoanteil senken.“ Die Folge für Barry: Die Lagerwerte steigen massiv an, was wiederum die Verschuldung treibt. Nach neun Monaten lag die Nettoverschuldungsquote beim 6,5 Fachen des EBITDA. Zum Vergleich: Im Gj. 2022/23 lag der Faktor noch bei 1,4x.
Steigende Finanzierungskosten können wegen langfristiger Verträge nicht sofort weitergegeben werden. Das drückt kurzfristig auf die Profitabilität, sodass sich die EBIT-Marge vom Gj. 2022/23 bei rund 8% halbiert hat. „Wenn sich der Kakaopreis langfristig über 7.000 GBP einpendelt, dann fällt auch die Eigenkapitalrendite unter die Kapitalkosten.“ Im Extremfall droht dann eine Kapitalerhöhung.
Umbau unter hohem Druck
Mitten in dieser Phase begann 2022 eine umfassende Restrukturierung: Nach einem Salmonellenfall in den Niederlanden übernahm Peter Feld als CEO. „Statt Wachstum steht nun Effizienz im Vordergrund“, fasst von Arx die Strategie des CEO zusammen. Bis zu 500 Mio. CHF sollen investiert werden, um den Gewinn jährlich um 175 Mio. CHF zu steigern. Bei normalisierten Preisen von 5.000 GBP je Tonne soll das bereinigte EBIT von 660 Mio. auf 850 Mio. CHF steigen – rund 8,8% Wachstum pro Jahr.
Nachfrage entscheidet
„Steigt der Kakaopreis, steigen die Umsätze, aber nicht die Gewinne. Sinken die Mengen, sinkt der Gewinn deutlich – und genau das passiert gerade“, so von Arx. Nach neun Monaten gingen die Volumina um 6,3% zurück, Kakaopulver um 11,3%. Hoffnung liegt in Schwellenländern: In Brasilien, China oder Indien liege der Pro-Kopf-Konsum noch bei wenigen Hundert Gramm pro Jahr.
Mit dem 15-Fachen (10J: 23) der erwarteten Gewinne für 2025/26 wirkt die Aktie optisch attraktiv – blendet jedoch die Abhängigkeit vom Kakaopreis aus. „Langfristig – also bis 2028 – ergibt sich laut Analystenszenario ein fairer Wert von etwa 1.500 CHF je Aktie im Falle einer positiven Transformation und bei einem Kakaopreis von 5.000 GBP pro Tonne“, resümiert von Arx. Anleger setzen dabei auf sinkende Rohstoffpreise, eine Konsumbelebung und eine erfolgreiche Transformation. Doch nur Letzteres liegt in der Hand des Unternehmens. Vorsicht bleibt daher geboten.
Wir beobachten Barry Callebaut daher von der Seitenlinie.