Polen – PiS-Regierung in der Klemme
Schneller als von uns erwartet hat der wirtschaftsfeindliche Kurs der PiS-Regierung in Polen fühlbare Konsequenzen. Die Entwicklungsbank BGK (ein Gegenstück zur KfW) war gezwungen, eine Anleiheplatzierung abzusagen, nachdem die Renditen innerhalb weniger Tage erstmals seit 20 Jahren über 9% gestiegen waren. Damit ist nachvollzogen, was wir hier ankündigten: Die Anleger fordern eine deutlich höhere Risikoprämien für polnische Papiere. Kern des Problems ist der übersteigerte Machtanspruch der regierenden radikalen Nationalisten, der die marktwirtschaftliche Ordnung Polens bedroht.
Ganz vorne steht derzeit, wie in vielen Ländern, die Inflation, auf die die Notenbank NBP aber kaum reagiert. NBP-Chef Adam Glapinski gilt als enger Vertrauter des eigentlichen Machthabers Jaroslaw Kaczynski und treuer Parteisoldat der PiS. Im Vorfeld der 2023 fälligen Wahlen legt er nach eigenem Bekunden größeres Gewicht darauf, eine Rezession zu vermeiden als die Inflation einzudämmen. Trotz einer zuletzt auf fast 18% gestiegenen Inflationsrate bleiben die Leitzinsen bei 6,75% unverändert, verbunden mit einem wachsweichen Statement.
Die öffentliche Kritik sowohl von opponierenden Mitgliedern des geldpolitischen Komitees (MPC) als auch von externen Experten wie ehemaligen Notenbank-Chefs beantwortete die PiS nach einem Muster, wie man es aus Russland kennt: Den opponierenden MPC-Mitglieder wurden Strafverfahren angedroht und die externen Kritiker zu ausländischen Agenten erklärt. Das schafft wenig Vertrauen. Daneben macht sich natürlich auch der Streit mit Brüssel über die Einhaltung der Rechtsstaatsprizipien bemerkbar: Nachdem nicht nur rund 36 Mrd. Euro aus der Corona-Fazilität von der EU-Kommission blockiert sind sondern auch weitere rund 75 Mrd. Euro aus dem Kohäsionsfonds, hat Warschau ein echtes Finanzproblem.
Der stellvertretende Ministerpräsident Jacek Sasin kürzlich Ausgabenkürzungen „in verschiedenen Bereichen“ an, nicht jedoch bei den Verteidigungsausgaben und der sozialen Absicherung. Letzteres ist allerdings schon infrage gestellt. Regierungschef Mateusz Morawiecki gestand ein, dass die Regierung einige ihrer Maßnahmen zur Abfederung der Inflation zurücknehmen wird, insbesondere die Senkung der Mehrwertsteuer. Letzteres war von Brüssel angemanht worden, da Warschau die Sätze unter die EU-weit vereinbarten Untergrenzen absenken wollte.
Unterdessen kommen immer mehr Bedenken über die geplanten Investitionen der Regierung auf, wie etwa den geplanten Mega-Flughafen in Zentralpolen, der gleichzeitig als überregionaler Knotenpunkt fungieren soll. Die Verunsicherung ist aktuell auch beim Einkaufsmanager-Index der Industrie greifbar, der zuletzt von 43 auf 42 Punkte weiter nachgab und damit den sechsten Monat in Folge unter der Expansionsschwelle von 50 Punkten blieb. Die Unternehmen beklagen die weit verbreitete wirtschaftliche Unsicherheit, hohe Inflation und den Krieg in der Ukraine, der den Absatz beeinträchtige.
Wir sehen unsere Skepsis in vollem Umfang bestätigt.