Zyklische Konsumgüter

Mitsubishis Milliarden-Wette: Wie der Handelsriese sich neu erfindet

Warren Buffetts neuer Liebling in der wohl größten Transformation der Firmengeschichte: Mitsubishi Corporation. Zwischen Gewinnrückgang, geopolitischen Risiken und KI-Vorstoß will Japans Handelsgigant mit einer ambitionierten Strategie bis 2027 die Trendwende schaffen.

Dominik Görg,
Logo von Mitsubishi Corporation
Logo von Mitsubishi Corporation © AdobeStock | Jerome

Spätestens seit Warren Buffetts milliardenschweren Zukäufen im Jahr 2019 sind Japans große Handelskonzerne wie Mitsubishi Corporation, Marubeni, Itochu, Mitsui und Sumitomo auch international in den Fokus gerückt. Wurde ihr Geschäftsmodell zuvor oft als zu komplex abgetan, lenkte Buffett die Aufmerksamkeit auf ihre attraktive Bewertung. Seitdem haben Ereignisse wie Corona, der Ukraine-Krieg und neue US-Zölle die Rahmenbedingungen grundlegend verändert.

Zwar ist der Autobauer Mitsubishi Motors vielen ein Begriff, doch er ist nur ein kleiner Teil eines weitverzweigten Netzwerks. Unter dem Markenzeichen mit den drei roten Rauten agieren rund 200 wirtschaftlich unabhängige Unternehmen, Konzerne, Stiftungen und Organisationen als sogenanntes „keiretsu“ – ein Unternehmensverbund mit engen personellen und finanziellen Verflechtungen. Gemeinsame Merkmale sind ein stark vernetztes Management, gegenseitige Aktienbeteiligungen, eine gemeinsame Hausbank und ein Generalhandelshaus, das den globalen Handel organisiert. In Japan nennt man diese zentralen Handelshäuser „sōgō shōsha“.

Mitsubishi Corp.: Mehr als nur Handel

Die Mitsubishi Corporation ist nicht nur das größte dieser Handelshäuser, sondern auch Japans führender Handelskonzern. Anders als klassische Produzenten agiert das Unternehmen als Vermittler, Investor, Betreiber und Händler. Sein Portfolio ist extrem breit gefächert.

Der Konzern ist in acht Geschäftsbereiche gegliedert, die jeweils von eigenen CEOs geführt werden:

  1. Environmental Energy
  2. Materials Solution
  3. Mineral Resources
  4. Urban Development & Infrastructure
  5. Mobility
  6. Food Industry
  7. Smart-Life Creation
  8. Power Solution

Die jüngsten makroökonomischen Schocks haben Mitsubishi Corp. operativ spürbar getroffen: Der Umsatz sank 2024 um weitere 5%, nachdem bereits im Vorjahr ein Rückgang von 10% zu verzeichnen war. Zwar stieg der Gewinn leicht um 5% auf 1,07 Bio. Yen (ca. 6,3 Mrd. Euro), doch angesichts eines Gewinnrückgangs von 20% im Vorjahr bleibt das nur eine moderate Erholung. Zum Vergleich: Über die letzten zehn Jahre wuchs der Umsatz durchschnittlich um 9% jährlich, der Gewinn sogar um 11%.

CEO Katsuya Nakanishi sieht den Konzern an einem Wendepunkt – getrieben von Japans demografischem Wandel und dem technologischen Schub durch Künstliche Intelligenz.

„Corporate Strategy 2027“: Ambitionierter Plan mit Gegenwind

Für das Geschäftsjahr 2026 erwartet das Management einen Gewinnrückgang von rund 25% auf etwa 700 Mrd. Yen. Grund dafür ist vor allem das Ausbleiben von Sondereinnahmen aus Verkäufen im Vorjahr. Bereinigt um diese Einmaleffekte würde der Gewinn stagnieren. Zusätzlich belasten fallende Rohstoffpreise, insbesondere bei LNG und Eisenerz, geopolitische Spannungen (USA-China, Ukraine, Nahost), potenzielle Handelsbarrieren bei einem Wahlsieg Donald Trumps sowie volatile Wechselkurse.

Mit der im April vorgestellten „Corporate Strategy 2027“ will Mitsubishi gegensteuern:

  • Operativer Cashflow soll von 983,7 Mrd. Yen um jährlich 10% steigen
  • Eigenkapitalrendite (ROE) soll von 10,3 % auf mindestens 12% steigen
  • Nettoverschuldungsgrad soll von 3,6x EBITDA auf maximal 0,6x sinken

Zur Umsetzung plant der Konzern bis 2027 rund 1 Bio. Yen in Erhaltungsinvestitionen sowie über 3 Bio. Yen in wachstumsorientierte Projekte. Aktionäre sollen durch Dividenden (Rendite 2024: 3,8%) und Aktienrückkäufe profitieren. Die Ziele sind ambitioniert – die Umsetzung hängt stark davon ab, ob Synergien zwischen den acht Geschäftsbereichen gehoben und geeignete Zukäufe realisiert werden können.

Aktie stabilisiert sich – erste Impulse durch Zukäufe

Die Aktie (17,13 Euro; ISIN: JP3898400001) hat sich nach der Korrektur im Jahr 2024 leicht erholt. Auch die bis August 2024 rückläufigen Analystenschätzungen haben mit Vorlage der neuen Strategie leicht gedreht.

Positiv hervorzuheben ist die geplante Übernahme von Aethon Energy Management in den USA für rund 8 Mrd. USD – ein Schritt zur Stärkung der Präsenz bei US-LNG-Quellen. Parallel beteiligt sich Mitsubishi am britischen Start-up DEScycle, das eine umweltfreundliche Metallrecycling-Technologie (DES-Verfahren) entwickelt. Eine Pilotanlage soll bis 2028 in Großbritannien entstehen und später international ausgerollt werden.

Zudem läuft ein umfassendes Aktienrückkaufprogramm: Bis März 2026 sollen rund 17% der ausstehenden Aktien (exklusive eigener Bestände) zurückgekauft werden. Bis Juni 2025 wurden bereits 3,5% im Wert von 347 Mrd. Yen eingezogen.

Mitsubishi Corp. steht vor einer bedeutenden Transformation. Die Strategie 2027 liefert dafür einen klaren Rahmen – Erfolg oder Misserfolg hängen jedoch stark von der operativen Umsetzung ab. Konkrete Fortschritte sind wohl erst ab 2026 zu erwarten. In Kombination mit soliden Dividenden und Rückkäufen könnte sich mittelfristig ein attraktiver Total Shareholder Return ergeben. Angesichts eines bereits gestiegenen 12-Monats-KGV von 15 (10-Jahres-Durchschnitt: 9) bleibt aber auch eine gesunde Portion Skepsis angebracht.

Wir warten bei Mitsubishi Corp. zunächst ab.

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