Die Welt blickt auf China
Chinas Börsen haben in dieser Woche geschlossen. Das liegt nicht an den am Freitag (4.2.) beginnenden Olympischen Winterspielen in Peking, sondern am Chinesischen Neujahrsfest, das seit Dienstag gefeiert wird. Das nun begonnene Jahr des Tigers ist für die Volksrepublik von besonderer Bedeutung. Denn sie steht noch mehr als sonst im internationalen Fokus, und damit auch die finanz-, wirtschafts- und umweltpolitischen Bestrebungen Pekings.

Wenn sich die Jugend der Welt in sportlichen Wettkämpfen misst, gilt es für Peking, sich als guter und offener Gastgeber zu präsentieren. Im Herbst findet der 20. Nationalkongress der KP statt. Dort will Präsident Xi Jinping mit der Tradition brechen, die eine Amtszeitbegrenzung von zehn Jahren vorsieht, und sich erneut als Staatsoberhaupt bestätigen lassen.
Auch wenn bloßes Wirtschaftswachstum nicht mehr das einzige Ziel Pekings ist, so bleibt es doch das wichtigste. Daher glaubt Zhennan Li nicht, dass das BIP-Wachstum 2022 deutlich unter Potenzial liegen werde, wie von vielen Beobachtern angenommen. Der China-Volkswirt des Asset Managers AllianceBernstein geht von 5,3% aus – nach 2,2% im Jahr 2020 und 8,1% im vergangenen Jahr. Um das zu erreichen, dürften fiskalpolitische Maßnahmen nötig sein, die von einer unterstützenden Geld- und Wohnungspolitik begleitet werden. Größtes Risiko ist sicherlich Omikron. Denn die chinesischen Impfstoffe erweisen sich als nicht wirksam gegen die Corona-Variante. Greift diese in China derart um sich wie im Westen, drohen massive Lockdowns.
Die Olympischen Winterspiele könnten sich auf lange Sicht als Wachstumstreiber herausstellen. Denn China will nicht weniger als das weltweite Ski-Gebiet Nr. 1 werden. Wintersport ist hip bei der wohlhabenden Mittelschicht. Dadurch entsteht ein völlig neuer Sektor. Schneekanonen, Lifte oder Wintersportbekleidung und -geräte müssen produziert werden. Auch in Sachen Automatisierung setzt das Reich der Mitte – coronabedingt – neue Maßstäbe: Im Olympischen Dorf gibt es kaum menschliche Angestellte. Roboter schenken Getränke aus, verkaufen Eis oder weisen den Sportlern den Weg. Für Anleger können sich in diesen Bereichen (Skigebiet-Erschließung und Automatisierung/Robotik) spannende Optionen ergeben, wie z. B. unser Depotwert Anta Sports (s. S. 4).
Auf der Strecke bleibt aus unserer Sicht hingegen die Umwelt. Hier betreibt Peking Green-Washing. Die Spiele sind keinesfalls so nachhaltig, wie sie angepriesen werden. Naturschutzgebiete mussten weichen, zudem fällt in den olympischen Skigebieten kaum Schnee. Es muss mehr als doppelt so viel Kunstschnee wie in den Alpen produziert werden. Das dafür nötige Wasser wird über eine Strecke von 60 km gepumpt. Und das, obwohl die Region Peking ohnehin unter Wasserknappheit leidet. Das wird eine weitere Amtszeit für Xi aber ebenso wenig verhindern wie die international in der Kritik stehende Menschenrechtslage.