China – Ein Pol unter mehreren
Lange galt China als der Wachstumsmotor schlechthin: für die Weltkonjunktur unabdingbar, bei Investoren heiß begehrt. Doch allmählich weicht dieses Bild einer Weltordnung, die auf mehr als nur einen Motor setzt.

Bei China-Investments hat sich das Chance-Risiko-Verhältnis nämlich immer stärker an dasjenige der restlichen Schwellenländer angeglichen. Das liegt einerseits an der Unvorhersehbarkeit der politischen Entscheider. Zwar verfolgt die Kommunististische Partei fast dogmatisch das Ziel von Harmonie in der Gesellschaft, doch die zur Erfüllung notwendigen Maßnahmen lösen regelmäßig Chaos und Verunsicherung an den Märkten aus. Null-Covid, die strengen Regulierungen im Tech-Sektor sowie das ominöse Verschwinden von CEOs sind nur einige Unsicherheitsfaktoren, die Investoren beklagen.
Andererseits gelingt es China nur teilweise, von den Megatrends des EM-Universums zu profitieren. Die gemeinsam mit Brasilien vorangetriebenen Bestrebungen um eine Ent-Dollarisierung mögen zwar noch gelingen. Bei den drei großen D‘s (Deglobalisierung, Dekarbonisierung und Demographie), die im Fokus der ESG-Debatte stehen, tun sich jedoch Gräben auf. Im Zuge der Deglobalisierung erleben etwa Mexiko und Zentralamerika einen wahren Boom ausländischer Investoren. Und auch Vietnam, Indonesien (s. diese Ausgabe) und Indien (vgl. PEM v. 14.6.) substituieren zunehmend chinesische Produktion. Die Dekarbonisierung hingegen spielt rohstoffreichen Ländern aus Lateinamerika für Kupfer (Chile, Peru) und Lithium (Australien, Chile, Argentinien, Brasilien) in die Karten. Hier liegt China meist nur auf den Plätzen 3 und 4. Das wahre Problem liegt indes in der Demographie. Während Indien wächst, schrumpft Chinas Bevölkerungszahl.
Diese komplexe Ausgangslage spricht aber eher für einen erstarkten EM-Kosmos mit vielen Akteuren denn eine grundlegende Abkehr vom chinesischen Markt. Dass China noch immer Potenziale wecken kann, zeigen nicht nur die jüngste Leitzinssenkung der Chinesischen Volksbank, sondern auch Futu Holdings und iQiyi in dieser Ausgabe. dog