Brasilien – Krise verschärft sich weiter
Die politischen Krisen in Brasilien und Argentinien, den beiden größten Volkswirtschaften des Subkontinents, treiben auf einen Höhepunkt zu. Die nächsten Wochen werden Entscheidungen bringen. In Argentinien ist das ganz formal vorgegeben, da die entscheidende Runde der Wahlen für einen Nachfolger der abtretenden Präsidentin Christina Kirchner ansteht. In Brasilien wird es mittlerweile ganz eng für die Präsidentin Dilma Rousseff. Die Skandale haben sich mittlerweile zu formalen Anklagen und Abwahlanträgen verdichtet, und die Rebellion in der eigenen Partei verhindert eine aktive, zielgerichtete Politik zur Krisenbewältigung.
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Unterdessen versinkt die Wirtschaft im Chaos. Die Arbeitslosigkeit ist zwischen 8/2014 und 8/2015 von 6,9 auf 8,7% gestiegen. Der damit einhergehende Verlust an Einkommen und Nachfrage macht die Rezession zu einer selbsttragenden Abwärtsspirale. Das Rating Brasiliens ist auf Junk-Status abgerutscht, die Voraussetzungen für Investitionen haben sich damit bereits drastisch verschlechtert. Der Außenwert der Währung ist deutlich gefallen, gemessen am Jahresanfangsstand um rund 50%. Zum Abwärtstrend kommt die erheblich gestiegene Volatilität als zusätzliche Belastung hinzu. Der Nachfrageeffekt der staatlichen Defizite treibt die Inflation hoch und zwingt die Notenbank zu scharfen Zinserhöhungen, die ihrerseits die Rezession verschärfen. Die Konjunkturindikatoren der Notenbank signalisieren seit einigen Monaten ein Schrumpfen um 4,5 bis 5% beim Jahres-BIP und die aktuellen Budgetperspektiven sprechen ebenfalls für einen weiteren Abwärtstrend: Statt des ursprünglich geplanten Primärüberschusses (Saldo vor Zinszahlungen) von 1,15% vom BIP wird es ein drastisches Defizit geben, weil die Einnahmen im Zuge der Rezession weit hinter den Planungen zurückbleiben. Die aktuelle Schätzung für das laufende Jahr sieht inzwischen ein (Gesamt-) Defizit von 9% vom BIP vor, was allerdings nicht das Ende der Fahnenstange ist. In dieser Schätzung fehlen immer noch Schulden der Regierung in Höhe von rund 6% vom BIP, die von staatlichen Banken gehalten werden und aktuell fällig sind, aber nicht bedient werden. Diese Position ist bereits vom brasilianischen Rechnungshof als Verstoß gegen das Haushaltsrecht angeprangert worden.
Unterdessen hat die Notenbank Widerstand gegen Pläne der Regierung, die Währungsreserven zur Stabilisierung der Staatsfinanzen einzusetzen, angekündigt. Des Weiteren häufen sich auch die Anklagepunkte gegen die Rousseff-Administration: Neben dem Korruptionsskandal bei der staatlichen Ölfirma Petrobras und dem genannten Verstoß gegen das Haushaltsrecht liegen auch konkrete Vorwürfe auf dem Tisch, dass Rousseff gegen die Regeln der Wahlkampffinanzierung verstoßen hat. Damit ist nun endgültig eine konstruktive Politik nicht mehr möglich. Ein Neuanfang Brasiliens wäre die bessere Lösung. Solange dieser Wandel nicht in Sicht ist, sollten Brasilien und der Real gemieden werden.
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