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Brasilien hat wieder etwas zu bieten

Die Rentenreform von Brasiliens Präsidenten Jair Bolsonaro hat trotz aller Widerstände die erste Lesung im Senat überstanden und steht damit vor dem endgültigen Erfolg, sollten die Senatoren dieses Ergebnis in einer zweiten Abstimmung bestätigen. Das wäre ein großer Erfolg für Bolsonaro und zugleich ein wichtiger Schritt zur Stabilisierung der Staatsfinanzen.

Der scheint umso dringender, als die Schuldenquote jüngst auf rd. 80% vom BIP gestiegen ist, was auch für ein Land mit den Möglichkeiten und Potenzialen Brasiliens zum Problem wird, wie die warnenden Kommentare der Ratingagenturen zeigen. Brasilien ist in den vergangenen Jahren gemessen am Primärsaldo des Etats (ex Zins und Tilgung) zu einem der schwächsten Emerging Markets geworden, nachdem bis 2013/14 noch Primärüberschüsse erzielt wurden.

Mit der endgültigen Bestätigung der Reform würde zwar noch kein Schuldenabbau erreicht, aber der Zuwachs so weit gebremst, dass die in Brasilien gesetzlich verankerte Regel eingehalten würde. Sie besagt, dass die Staatsausgaben nominal nur entsprechend der Inflationsrate ansteigen dürfen, preisbereinigt also konstant bleiben. Vor diesem Hintergrund wäre die erwartete Entlastung der Staatsausgaben um jährlich rd. 0,8% vom BIP über die nächsten 10 Jahre ein wichtiger Schritt, um zusätzliche Mittel für die Stimulierung des Wachstums frei zu machen, welches auch in Brasilien im Kontext der globalen Schwäche fühlbar zurück gegangen ist.

Die Wirtschaft entwickelt sich derzeit klar unter ihrem Potenzial, weist also eine negative Output-Lücke auf. Allerdings ist bereits eine Erholung erkennbar, die sich vor allem auf eine anziehende Binnennachfrage stützt. Den Anstoß zu dieser Erholung gab eine Reihe von Zinssenkungen der Notenbank, die wahrscheinlich noch nicht abgeschlossen ist. Der Einkaufsmanager-Index zog sowohl für die verarbeitende Industrie (von 52,5 auf 53,4 Punkte) als auch für die Dienstleister (von 51,4 auf 51,8 Punkte) vor allem auf Grund einer anziehenden Binnennachfrage an, während die Nachfrage nach brasilianischen Exporten schwach blieb. Dabei dürften nicht zuletzt die Probleme Argentiniens eine wichtige Rolle spielen. Die Industrien der beiden Staaten ist sehr eng verflechtet, etwa bei den Autobauern. In beiden Sektoren steigt zudem die Zahl der Beschäftigten, was wiederum den privaten Konsum und damit die Binnennachfrage weiter stärken dürfte.

Wie auch im Falle Indiens (s. Seite 5) sehen wir Chancen in erster Linie mit Branchen und Unternehmen, die sich auf den Inlandsmarkt konzentrieren. Die sind derzeit klar im Vorteil und würden auch weiterhin vom eventuell verstärkten Wachstum profitieren. Zumindest falls es gelingt, die globalen Handelskonflikte einzudämmen oder gar beizulegen.

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