Inflation

Wann ist teuer zu teuer?

Die unerwartet klebrige US-Inflation, die im April nur leicht auf 8,3% zurückfiel, hat der kurzen Börsenerholung zur Wochenmitte bei DAX, MDAX und SDAX schon wieder den Garaus gemacht. Im gegenwärtig für möglich gehaltenen Stagflations-Szenario seien Aktien zu hoch bewertet, argumentieren die zahlreichen Verkäufer am Markt.

Ohne Zweifel: In den Goldilocks-Zeiten von akkommodierender Geldpolitik bei niedriger Inflation und ordentlichem Wirtschaftswachstum waren die Bewertungen v. a. der Technologieaktien deutlich über ein verträgliches Bewertungsmaß hinaus gestiegen. Seit Jahresbeginn ist eine gewisse Korrektur bei den klassischen KGVs zu beobachten. Reicht das schon? Für uns kommt es immer auf die Waage an, die genutzt wird, und wie sie geeicht ist. Wir schauen uns daher an dieser Stelle das Shiller-KGV an, benannt nach dem US-Ökonom Robert Shiller, bei dem der Kurs der Aktien des S&P 500 nicht durch den im kommenden Jahr erwarteten Gewinn, sondern durch den inflationsbereinigten durchschnittlichen Gewinn der vergangenen zehn Jahre geteilt wird. Berühmt wurde es, als es im Dezember 1999 mit einem Höchststand von 44 das Platzen der dot-com-Blase voraussagte. Aktuell  liegt es nach einer Korrektur um fast 20% seit Jahresbeginn bei rd. 31 und signalisiert damit eine noch doppelt so hohe Bewertung wie im historischen Durchschnitt.

Doch auch diese Waage ist nicht frei von Fehlern: Sie eignet sich durch ihren Glättungseffekt in erster Linie für die Bewertung zyklischer Titel; der langjährige Durchschnitt ist zudem von Unternehmen geprägt, die heute kaum noch eine Rolle spielen. Auch wenn einiges dafür spricht, dass die Bewertungen am Aktienmarkt weiter korrigieren werden: Der langfristige Durchschnitt des Shiller-KGVs, der bei etwa 16 liegt, hätte seit Mitte der 1990er-Jahre stets für eine Überbewertung der Märkte gesprochen. 

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